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Die coliformen Keime könnten wegen des starken Regenfalls in letzter Zeit ins Trinkwasser gelangt sein. Die Behörden ziehen aber auch andere Ursachen in Betracht.

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Update

Entwarnung: Spandauer dürfen Wasser wieder ungekocht trinken

Das Gesundheitsamt in Berlin-Spandau hat das Abkochgebot für das Trinkwasser aufgehoben. Bis die Quelle der Verunreinigung eindeutig ist, reinigen die Wasserbetriebe jedoch weiterhin mit Chlorgas.

Nach dem Fund von koliformen Bakterien im Trinkwasser in Spandau desinfizieren die Berliner Wasserbetriebe vorsichtshalber die Rohre und das Trinkwasser im Bezirk mit Chlorgas. „Das Wasser schmeckt aber nicht nach Chlor, da sich das Gas verflüchtigt“, sagte der Sprecher der Berliner Wasserbetriebe, André Beck.

Die mehr als 130.000 betroffenen Spandauer müssen ihr Wasser nicht mehr abkochen, bevor sie es zu sich nehmen, wie die Wasserbetriebe am Samstag mitteilten. Das Gesundheitsamt Spandau habe den Genuss des Wassers in Abstimmung mit dem zuständigen Landesamt für unbedenklich erklärt. Normalerweise wird in Berlin auf die Reinigung mit Chlorgas verzichtet, weil das Wasser so naturnah wie möglich aus den Hähnen kommen soll.

Die Wasserbetriebe hatten am Freitag die vermutlich verunreinigten Trinkwasserbrunnen näher lokalisiert. Nach dem Fund von Darmkeimen in einem Wasserwerk haben die Berliner Wasserbetriebe eine mögliche Verursacher-Quelle eingegrenzt. „Die Suche konzentriert sich auf die Brunnengalerien Nord und Süd im Areal Pionierstraße“, sagte Sprecher Beck.

Die infrage kommenden Brunnen wurden genauestens untersucht. Nach Auskunft von Jens Feddern, Leiter der Wasserversorgung bei den Wasserbetrieben, verdichteten sich die Hinweise, dass die koliformen Keime aus den Brunnen stammen, „und dass sie von Fäkalien kommen“. Koliforme Bakterien entstehen Experten zufolge auch bei der Verwesung von organischem Material wie Blättern, Temperaturschwankungen können das Wachstum begünstigen. Auch defekte Brunnen oder Verunreinigungen durch Baumaßnahmen,die alle überprüft worden seien sagte Beck. schließen die Wasserbetriebe als Ursache nicht aus. Mit dem starken Regen sollen die Keime eher nicht in die unterirdischen Brunnen gelangt sein, denn das Versickern dauert Wochen.

Um die Herkunft der koliformen Bakterien aufzuspüren, hatte der Bezirk Spandau am Freitag sechs Wasserproben zwischen Heerstraße und Spandauer Forst sowie zwischen Havel und Falkensee nehmen lassen. Die Anlagen seien begutachtet worden, zudem wurde aus jedem Brunnen eine Probe gezogen. Auch die Rohre wurden untersucht. Das Material sollte nach Angaben von Stadträtin Daniela Kleineidam (SPD) im Landeslabor Berlin-Brandenburg in der Berliner Invalidenstraße untersucht werden.

Dass jetzt noch verunreinigtes Wasser in großen Mengen fließe, hält man bei den Wasserbetrieben für unwahrscheinlich, weil eben nur noch chlorgasgereinigtes Wasser ins Netz gelangt. Erfahrungsgemäß sei das Wasser im Netz durch den Verbrauch nach einem Tag ausgetauscht. Sollte sich herausstellen, dass es doch noch Verunreinigungen gibt, würden die Rohre mit Druck ausgespült.

Die Wasserqualität in Berlin wird nach Angaben der Wasserwerke jeden zweiten Tag kontrolliert. Dies sei häufiger als die Trinkwasserverordnung es vorschreibe, sagte Wasserbetriebe-Sprecher Beck. Proben würden dabei nach der Entnahme aus den Brunnen und auch im sogenannten Reinwasserspeicher gezogen.

Die Bakterien – es sind keine E.-Coli-Bakterien - wurden am Donnerstag in beiden Bereichen festgestellt, weshalb die Experten vermuten, dass die Ursache bei den Brunnen zu finden ist. Da das Berliner Grundwasser, aus dem das Trinkwasser gewonnen wird, als sehr sauber gelte, reiche der Kontroll-Rhythmus aus, sagte Beck. In diesem Zeitraum könne allerdings bei einem Schaden verunreinigtes Wasser bis in die Wohnungen gelangen. Wer jetzt aus dem Urlaub zurückkomme, sollte das in den Rohren gestaute Wasser zunächst mehrere Minuten lang ablaufen lassen, rät das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso).

Verunreinigtes Wasser aus einem Werk könne sich zwischen den Kontrolltagen nicht im gesamten Netz verbreiten, da die Stadt aus neun Wasserwerken gleichzeitig versorgt werde gleichzeitig auch von anderen Wasserwerken gespeist werde. So sei es möglich gewesen, die mögliche Belastung im Netz rechnerisch zu ermitteln, was dann zum Ausweis des Gebietes geführt habe, in dem man den Anwohnern geraten habe, das Wasser abzukochen. Dabei habe man den schlimmsten Fall angenommen, sagte Beck.

Inzwischen sei auch jeder der 29 Brunnen, die man als möglichen Ausgangspunkt der Kolibakterien lokalisiert habe, kontrolliert worden. Die Anlagen seien begutachtet worden; zudem sei aus jedem Brunnen eine Probe gezogen worden. Weitere Messungen habe es im Rohrnetz gegeben. Die Ergebnisse sollen am heutigen Sonnabend vorliegen.

In Berlins Südosten hat es vor Jahren einen ähnlichen Fall mit Keimen in Brunnen gegeben. Die Experten werden auch prüfen, ob es Zusammenhänge gibt mit den jüngsten Verunreinigungen in Potsdam. Ältere Berliner werden sich nun erinnern an die Zeiten der Alliierten – sie hatten gechlortes Wasser für die Soldaten verlangt, weil sie das aus den USA kannten.

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