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Berlin: Er kämpfte gegen Gewalt – und wurde selbst Opfer

Der Hiphopper „Maxim“ aus Köpenick feierte gerade seinen 33. Geburtstag, als er von einem 75-Jährigen erstochen wurde

„Mellowpark Jam 2003 wird wieder richtig gefeiert“, steht im Internet. Auf der Festivalbühne in Köpenick sollte er am vergangenen Wochenende mit dabei sein: Attila A., in der Hiphop-Szene besser bekannt als „Maxim“. Doch der Mann, dessen Namen seine Freunde mit englischem „ä“ und kurzem „i“ aussprechen, kam nicht. Der Familienvater, der von Schöneberg nach Köpenick gezogen war, um seinen zweijährigen Sohn im Grünen aufwachsen zu sehen, war Freitagnachmittag von einem 75-Jährigen erstochen worden. Am Tag seines 33. Geburtstages. Maxim hatte sich stets gegen Gewalt eingesetzt und schon in den Neunzigern Streitigkeiten unter Gangs in Kreuzberg geschlichtet.

„Er war eine Integrationsfigur“, sagt Marco Lauber, Leiter des Jugendclubs „All Eins“ auf dem Mellow-Park-Gelände an der Friedrichshagener Straße in Köpenick. Maxim habe sich in der „Zulu-Nation“-Hiphopbewegung gegen Drogen und Gewalt engagiert. Gestern räumte ein Mitarbeiter des Jugendclubs die Reste vom Partywochenende weg. Er kannte Attila A. locker, hat hier zwischen Streetballkörben und Skater-Rampen schon mal mit ihm einen Tisch abgeschliffen. A. gab im Club „Beatbox-Kurse für die Kids“, erzählt der Mitarbeiter – hat ihnen gezeigt, wie man das Mikrofon als Instrument nutzt, indem man mit Lippen und Atem rhythmische Sounds erzeugt. Es sei für die Jugendlichen gut gewesen, einen Menschen zu erleben, der für sie mit über 30 zwar schon als steinalt galt, aber trotzdem „cool“ gewesen sei.

Der Mann, der dieses Leben mit einem Messerstich auslöschte, war 42 Jahre älter als sein Opfer. Es gab Streit vorher, der Rentner soll A.’s Frau im Supermarkt angepöbelt haben. Genauere Erkenntnisse zum Tathergang waren von der Justiz noch nicht erhältlich. Nach Angaben eines Freundes der Familie soll die Frau nach dem Streit ihren Mann geholt haben. Der, sagt sein Freund, war bester Laune. Er ging nach unten und sprach in der Straße Am Generalshof den alten Herrn an. Möglicherweise hatte der Angst vor dem stämmigen, im türkischen Teil Zyperns geborenen A. Jedenfalls stach der Rentner zu.

„Das Opfer schleppte sich zu uns rein“, erzählt eine Mitarbeiterin des Kopierladens, vor deren Tür die Tat geschah. Attila sei nicht blutüberströmt gewesen, aber doch auf den Boden gesunken. „Ich kannte ihn als Kunden, er kam manchmal mit seinem Sohn, war ein sehr netter, freundlicher und höflicher junger Mann“, sagt sie. Draußen, auf dem Gehweg, haben Attilas A.s Eltern und Schwester einen letzten verzweifelten Gruß an einen Baum gelehnt: „Maxim. 13. 06. 2003. Warum an deinem Geburtstag?“ Drumherum viele bunte Blumen. Leuchtende Farben, so lebendig, wie Freunde A. in Erinnerung haben. „Maxim hat die Szene mit aufgebaut, war mal Sprayer, der hat für Hiphop gelebt“, sagt Halil vom Plattenladen „Downstairs“. Er kannte Maxim seit 18 Jahren, besprach gestern mit der junge Witwe die Beerdigung. Vor seinem Laden in der Schöneberger Goebenstraße 5 haben die Freunde damit begonnen, die Fassade zum Gedenken mit einem Bild zu schmücken. „Mighty Max“ heißt das Musikalbum mit Stücken, die Maxim gerade fertig bearbeitet hatte. Halil will es im Sommer herausgeben – und die Erlöse dem kleinen Sohn zugute kommen lassen.

„Lebt eure Jugend“, hatte Maxim noch vor einiger Zeit in einem Interview gesagt, „ihr seid nur einmal jung.“

Annette Kögel

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