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Berlin: Er kletterte über die Kuppelbrüstung und gab erst nach zwei Stunden auf - Besuchergalerien geräumt

Riesige Warteschlangen am Haupteingang des Reichstages, frustrierte Gesichter bei den Gastronomen in der Reichstagskuppel: Ein offenbar lebensmüder Mann hat gestern Nachmittag den Ansturm auf Berlins neue Touristenattraktion abrupt ins Stocken gebracht. Gegen 14 Uhr kletterte er nach Zeugenberichten über die gläserne Brüstung der obersten Plattform des schneckenförmigen Aufgangs und kündigte an, er wolle im Inneren der Kuppel in die Tiefe springen.

Riesige Warteschlangen am Haupteingang des Reichstages, frustrierte Gesichter bei den Gastronomen in der Reichstagskuppel: Ein offenbar lebensmüder Mann hat gestern Nachmittag den Ansturm auf Berlins neue Touristenattraktion abrupt ins Stocken gebracht. Gegen 14 Uhr kletterte er nach Zeugenberichten über die gläserne Brüstung der obersten Plattform des schneckenförmigen Aufgangs und kündigte an, er wolle im Inneren der Kuppel in die Tiefe springen. Dabei balancierte er auf einem schmalen, leicht abschüssigen Steg, der ihn vom rund dreißig Meter tiefen Abgrund trennte und hielt sich nur mit einer Hand am Geländer fest. Die Kuppel wurde sofort geräumt, Sicherheitskräften des Reichstages gelang es erst nach zwei Stunden, ihn zum Aufgeben zu bewegen.

Offenbar arbeiteten sie dabei mit allen psychologischen Tricks und boten dem etwa 36jährigen, leicht untersetzten Mann sogar eine Kanne Kaffee mit einer Tassen an, die eine Bedienung des Reichstagsrestaurants flugs herbeibrachte. Zu diesem Zeitpunkt hatten die meisten Besucher die Kuppel schon verlassen, doch manche standen noch verärgert und ratlos auf deren unterster Plattform und waren sich offensichtlich nicht bewußt, dass der Lebensmüde im roten Sakko auf sie herabspringen könnte. Die Sicherheitskräfte hatten sie auf die Gefahr auch nicht hingewiesen und sie nach unten gebeten, ohne den Grund der Räumung zu nennen.

Zwei Stunden redeten Beamte des Bundestages mit Engelszungen auf den Mann ein und näherten sich ihm dabei bis auf einen Meter. Welche Beweggründe er hatte, teilte ihr Sicherheitsdienst gestern nicht mit. Auch zu allen weiteren Einzelheiten hüllte er sich in Stillschweigen. Die Berliner Polizei und die Feuerwehr wurden während der gesamten Aktion nicht eingeschaltet und bekamen aus dem Reichstag gleichfalls keine genaueren Informationen.

"Ja, da ist einer durchgedreht", bestätigte eine Serviererin im Kuppelrestaurant am Telefon und klagte über ihre gastronomischen Verluste. "Drei Reisegruppen haben wir verloren, alle Tische sind leergefegt." Die ungeduldigen Besucher am Hauptportal wurden unterdessen von Beamten vertröstet, es gehe bald weiter. Doch viele kehrten ihnen spätestens nach einer Stunde aufgebracht den Rücken. Warum die Türen verschlossen blieben, verriet ihnen niemand. Die Reichstagsverwaltung hielt es nicht für nötig, den Grund zu erklären.

cs, clw

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