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Berlin: Er leuchtete blendend

Ein Theaterstück erzählt John F. Kennedys Leben.

Die Person, um die sich alles dreht, fünfzig Jahre danach, sie ist nicht besetzt. Niemand spielt John F. Kennedy in dem Theaterstück „Ich bin ein Berliner“ von Detlef Altenbeck, das heute, da sich der Tod des ewigjungen Präsidenten jährt, seine Premiere am Kleinen Theater in Friedenau feiert. „Kennedy war eine Lichtgestalt, irrsinnig hell leuchtend. Es verbot sich, ihn auf die Bühne zu stellen. Er hätte alle geblendet“, begründet Altenbeck.

Dem Mythos JFK nähert er sich stattdessen über Wegbegleiter, über Marlene Dietrich, die dem Familienclan befreundet war, Jackie Kennedy, Stilkönigin und First Lady, die Privatsekretärin Evelyn Lincoln, Marilyn Monroe und Lem Billings, bester Freund von John, homosexuell, mit Suite im Weißen Haus. Sie zeigen den Politiker Kennedy genauso wie den Privatmann, in vielen Episoden, und sie liefern Erkenntnisse, die auch neu sind. Kennedy, der Hoffnungsträger, war krank, seine legendäre Berlin-Rede ein Zufall, der Verlegenheit entsprungen. Im Zuge der Vorbereitung und Proben musste Regisseur Altenbeck sich selbst korrigieren. Hatte er Kennedy vorher für einen dynamischen Modernisierer gehalten, sagt er nun: „Er hat unglaublich kurz amtiert und so gut wie nichts von dem umgesetzt, was angekündigt war. Und er war überraschend altmodisch, ein konservativer Demokrat.“

60 Bücher und Biografien hat der ehemalige Intendant des Landestheaters Coburg gewälzt. Herausgekommen sind unterhaltsame zwei Stunden, lustig und theatralisch, die Aufführungen sind erst mal bis in den Februar 2014 terminiert. Das Kleine Theater feiert gleichzeitig seinen 40. Geburtstag, „Ich bin ein Berliner“ passt da zum Motto des Hauses.

Brüche gibt es im Leben von John F. Kennedy genug. „Ich wollte den Mythos befragen: Was ist wahr, was Überhöhung?“, sagt Altenbeck. Otto Strecker, der den Lem Billings mimt, hat Kennedy nicht mehr erlebt, er glaubt: „Das Stück liefert ganz viel Überraschendes, die erkaufte Präsidentschaft, Affären, die merkwürdige, sehr innige Freundschaft beider Männer.“ Seine Figur legt er im Abtausch mit den Frauen an, mangels männlichen Widerparts. Was Kennedy hätte politisch leisten können, ob er die auf ihn projizierten Hoffnungen einer Generation hätte erfüllen können, wir werden es nie erfahren. Aber zumindest eine vage Ahnung vermittelt das Stück. JFK, am 22. November 1963 in Dallas ermordet, er lebt in Friedenau wieder auf. Moritz Herrmann

Der Mythos in Amerika: Seite 28

Moritz Herrmann

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