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Berlin: Er soll so bleiben, wie er ist

Klaus Wowereit gesteht Fehler ein – aber der Senat ist froh, dass er fröhlich in die weite Welt reist

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Eine gewisse Leichtigkeit im Umgange also, die Gabe, sich gleich bei der ersten Bekanntschaft vorteilhaft darzustellen, mit Menschen aller Art zwanglos sich in Gespräche einzulassen und bald zu merken, wen man vor sich hat und was man mit jedem reden könne und müsse, das sind Eigenschaften, die man zu erwerben und auszubauen trachten soll.“ (Adolph Freiherr von Knigge)

Als der Tagesordnungspunkt „Dienstreisen“ an der Reihe war, hat sich gestern in der Senatssitzung zuerst Wirtschaftssenator Harald Wolf gemeldet und erzählt, dass er mit dem Bus nach Polen gefahren ist. Klaus Böger hat über seinen Trip nach Rio de Janeiro berichtet und Peter Strieder über einen Messebesuch in München. Dann kam Klaus Wowereit an die Reihe und es entspann sich eine nachdenkliche Diskussion – nicht über den Sinn und Zweck der Mexiko-Reise, der im Kabinett außer Frage stand. Doch über die öffentliche Resonanz der Expedition.

„Wir sind zu den mitgereisten Journalisten zu gutmütig gewesen“, verkündete Senatssprecher Michael Donnermeyer in der Runde. Was er damit meinte? Die bedenkenlose Freigabe aller folkloristischen Fotos für die aktuelle Berichterstattung: Wowereit mit Clown, vor Agaven, auf dem Motorrad der mexikanischen Polizei; Fotos, die zu Hause den Eindruck erweckten, dies sei ein feucht-fröhlicher Betriebsausflug. Und der Regierende Bürgermeister gab ungewohnt selbstkritisch zu, dass es ein Fehler gewesen sei, für die Bild-Zeitung eine tägliche Reisekolumne zu schreiben; gefüllt mit Belanglosigkeiten.

Dabei ist ihm der Platz im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses doch so lieb. Vor kurzem erst feierte er mit Prominenten seinen 50. Geburtstag. Es folgte die spektakuläre Dienstreise nach Lateinamerika und, kaum war der Regierende wieder zu Hause, gab es Fotos in der Boulevardpresse mit einem Wowereit, der die Entertainerin Gayle Tufts im Friedrichstadtpalast innig küsste. Überschrift: „Klaus Showereit“. Oder, deutlich gehässiger: „Hier knutscht La Wowette“. Über diese neuen Bilder mochten sich die Senatskollegen gestern überhaupt nicht aufregen. Sie gehören zum Berliner Regierungschef wie das täglich Brot.

Aber die Reise… Schnell war sich der Senat einig, dass die Mexiko-Tour ein effektives Berlin-Marketing war; trotz manchen Kopfschüttelns – vor allem in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion – über die eitlen Selbstdarstellungskünste des Regierenden. „So ist er eben“, übten selbst PDS-Spitzenleute Nachsicht ob der schnoddrig-lockeren Art des Stadtoberhaupts, die längst sein Markenzeichen ist. Auch SPD-Landeschef Peter Strieder konnte über „Mexiko und die Folgen“ herzlich lachen. Das Reisen will die rot-rote Koalition ihrem populären Chefmoderator auch in Zukunft nicht verbieten; ganz im Gegenteil. Die werdende Weltstadt Berlin werde von ihm würdig vertreten, ist die überwiegende Meinung. Es sei gut, einen Regierungschef zu haben, der kein Sauertopf ist. Der Parlamentsdiskussion über Wowereits bunte Weltläufigkeit, ausgelöst von den Oppositionsfraktionen, sieht der Senat gelassen entgegen. „Die haben sich verrannt“, hieß es gestern. Die Kritik sei doch ziemlich kleinkariert.

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