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Berlin: Er war hier

Benjamin von Stuckrad-Barre hat nachgeforscht, wie sich Menschen verewigen

Es könnte eine Polarnacht sein. Das dunkelblaue Firmament läuft fast über vor lauter kristallklar funkelnden Sternchen.

Ein gutes Ambiente für ein Thema wie Unsterblichkeit. Die muss sich hier wohlfühlen, das ahnt man, auch wenn diese Polarnacht ein Dienstagmorgen ist und das Firmament die Decke des WintergartenVarietés in der Potsdamer Straße. Dort sitzt Pop-Literat Benjamin von Stuckrad-Barre breitbeinig auf der Bühne und verliest eine Art Einleitung zu einem kleinen Dokumentarfilm, den er zusammen mit TV-Produzent Friedrich Küppersbusch gemacht hat und der demnächst im Fernsehen laufen soll. (Das Buch, in dem die Art Einleitung abgedruckt ist, ist natürlich auch neu und von Stuckrad-Barre.) In dem Film geht es um die unzähligen Varianten der Ichwarhiers, die Menschen gerne hinterlassen. Stuckrad-Barre nennt sie „Versuche, einen Daseins-Beweis zu erbringen, unsterblich zu sein“. Der Film heißt „Ich war hier“. Zum Titel passend gibt es auch Postkarten und Holzstempel.

Im Film sieht man den Autor, wie er Sprüche aus Toilettenkabinen abschreibt. Dito an Bushaltestellen, im Kölner Dom und vor Bäumen, in deren Rinden Herzen geritzt sind. Man hört ihn Einträge aus Gästebüchern vorlesen. Ob Roger Willemsen oder Bernd aus Breitenbach: Wer da was schreibt und wohin – in ihrem Wesen unterscheiden sich die Ichwarhiers weniger voneinander, als man glauben möchte, raunt der Film. Dazwischen Musik. Ein Dokumentarfilm-Videoclip-Essay über Ichwarhier.

Als er zu Ende ist, stellt keiner der Presseleute eine Frage. „Das heißt dann unbedingt, dass wir keine Fragen offen gelassen haben“, sagt Stuckrad-Barre. Man kennt diese Attitüde von ihm. Beim Interview wenige Minuten später – keine Spur von Arroganz. Vielleicht ist dies das eigentliche Ichwarhier. mne

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