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© dpa

Erderwärmung: Die Stadt rüstet sich für den Klimawandel

Der Senat entwickelt Strategien zur Erderwärmung. Jetzt liegen erste Ergebnisse einer Studie vor.

Der Senat lässt in einer Studie für Berlin Strategien entwickeln, wie die Stadt auf den Klimawandel reagieren muss. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass es schon im Jahr 2050 in Berlin übers Jahr betrachtet durchschnittlich 2,5 Grad wärmer sein wird als heute“, sagt Reiner Nagel, Klimaexperte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Das klingt erst einmal nicht besonders viel, bedeutet aber, dass es zukünftig an Sommertagen sogar über 40 Grad im Schatten heiß werden kann. „Wir stellen uns planerisch auf den Klimawandel ein“, sagt Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Es sei Senatspolitik, „dass wir uns dieser Herausforderung stellen“. Jetzt wurden erste Ergebnisse der Studie bekannt, die im nächsten Frühjahr vorgestellt werden soll.

Die Stadt bekommt mit der Untersuchung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) „einen Instrumentenkasten an die Hand“, um für den Klimawandel gerüstet zu sein, sagt Stadtentwicklungsexperte Nagel. So müsse Berlin Frischluftschneisen wie Alleen für die Ventilation freihalten. „Große Parks werden aufgewertet.“ Laut DWD könnten mehr Brunnen mit Sprühwasser die Stadt abkühlen. Überdachungen sowie Arkaden würden wichtiger – da wird aber wieder viel Energie für Klimaanlagen benötigt. Verspiegelte Fassaden könnten Sonnenstrahlen zurückwerfen, Dächer begrünt und hell gedeckt werden, denkbar ist sogar, Fassaden wie in den Mittelmeerländern mit weißer reflektierender Farbe zu streichen.

Grundlage der Wetterdienst-Studie sind die vier großen, auch von der Bundesregierung herangezogenen Klimamodelle verschiedener Forschungsinstitute. Sie besagen, dass es auch in Brandenburg weiter mehr Sommertage ab 25 und Hitzetage ab 30 Grad im Schatten geben wird – und so genannte Tropennächte, in denen die Luft nicht unter 20 Grad abkühlt. Für den neuen „Stadtentwicklungsplan Klima“ überzieht die DWD-Studie Berlin mit einem „feinen räumlichen Raster, so dass wir auf 50 Meter genau eine Prognose bekommen“, sagt Nagel. Denn in der Innenstadt mit ihren hohen Häusern als Schattenspendern, aber auch Hitzespeichern ist es teils mehrere Grad heißer als in den Randbezirken. Berlin ist auch wärmer als Großstädte wie Hamburg und München, sagt Klimaexpertin Christiana Lefebvre vom DWD. Im Mittel ist es ein Grad wärmer als vor 100 Jahren, und der Frühling beginnt eine Woche früher.

DWD-Medizinmeteorologin Christina Koppe-Schaller zufolge könnten sich vor allem wetterfühlige Menschen bald nicht mehr richtig regenerieren, die Leistungsfähigkeit sinkt. Für die 2050 überalterte Stadt Berlin gibt es bei Hitze ein erhöhtes Risiko an Sterbefällen. Denn schon im Jahr 2030 wird jeder vierte Berliner älter als 65 Jahre sein. Und fast doppelt so viele über 80-Jährige werden in der Stadt leben – nahezu 260 000 Menschen. Angesichts dieser Entwicklung entwickelt der Senat jetzt „Hitzestresspläne“. Solche Vorwarnsysteme gibt der DWD für mehrere Bundesländer an Pflege- und Altenheime heraus, die Zahl der Klinikeinweisungen und Hitzetoten habe sich deutlich reduziert.

Hitze ist das eine – doch Berlin muss sich auch auf mehr Extremwetter wie Starkregen einstellen. Hier prüft der Senat, wie man überfluteten U-Bahnhöfen vorbeugen kann – ein neues „Wassermanagement“ sei erforderlich. Nagel: „Die Kanäle müssen die Wassermassen aufnehmen können, und es muss ausreichend Rückhaltebecken für schadstofflastiges Regenwasser geben.“ Wenn Stürme über Berlin ziehen sollten, muss die Stadt laut Nagel „ihre Verkehrssicherungspflicht auch auf Waldwegen wahrnehmen“. Dafür müsste zum Beispiel der Grunewald anders bewirtschaftet werden.

Annette Kögel

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