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Berlin: Erfolgreicher Kampf gegen die Radwege

Keine Frage, Andreas Volkmann radelt viel. Sonst wäre seine Jeans am Hintern nicht so abgeschubbert.

Keine Frage, Andreas Volkmann radelt viel. Sonst wäre seine Jeans am Hintern nicht so abgeschubbert. Volkmann fährt mit Helm, hat gute Bremsen und Beleuchtung am Rad. Er wäre ein vorbildlicher Radfahrer – wenn er das Land Berlin nicht auf Demontage von 40 Straßenschildern verklagt hätte, die Radler zur Benutzung von Radwegen zwingen. Die Sache landete beim Verwaltungsgericht, das Volkmann in 24 Fällen Recht gab und die Verwaltung vor wenigen Tagen dazu verdonnerte, die blauen Schilder abzuschrauben. Ansonsten droht dem Land ein Zwangsgeld von 200 Euro – pro Schild.

Auslöser für Volkmanns Aktivitäten war die Änderung der Straßenverkehrsordnung vor vier Jahren, die Radlern das Fahren auf der Straße erlaubt, auch wenn ein Radweg vorhanden ist. Ausnahmen kennzeichnet das blau-weiße Radwegsymbol: Stark oder schnell befahrene Straßen, die einen sicher befahrbaren Radweg haben. Die Behörden aber hängten nach der Neuregelung an vielen Stellen Schilder auf und zwangen die Radler so auf Radwege, die sich zwischen geparkten Autos, Haltestellen und Gehweg quetschen. Volkmann, damals Gerichtsreferendar, sah sich herausgefordert, die Qualität seines Jurastudiums zu testen und legte gegen vier Schilder Widerspruch ein. Mit Erfolg, die Polizei ordnete ihre Demontage an. Allerdings: Die Schilder hängen immer noch.

Viele Monate und noch mehr juristische Schachzüge sind vergangen; Andreas Volkmann hat das zweite Staatsexamen geschafft, ist 34 Jahre alt und Anwalt für Mietrecht. Den Kampf gegen die Schilder führt er als Hobby weiter. Er ist ein Überzeugungstäter, aber kein Fanatiker. „Über mich stolpern die Autofahrer nicht, weil ich mit Tempo 30 bis 40 im Verkehr mitschwimme“, sagt er. Deshalb will er, dass die Schilder verschwinden. Am liebsten überall, aber zumindest dort, wo er sich auf seinem täglichen Weg entscheiden muss, ob er illegal, aber sicher auf der Straße fahren oder auf schmalen Buckelpisten am Fußweg entlang brettern und an jeder Kreuzung vor den Rechtsabbiegern zittern soll. 24 Schilder, hauptsächlich in Wedding und Tiergarten, hat er erfolgreich weggeklagt. Dass sie trotzdem noch hängen, hängt mit der Komplexität des Problems aus Verwaltungsperspektive zusammen: Erstens kostet die Demontage 30 Euro pro Schild, aber Berlin ist pleite, zweitens müssen Ampelphasen umgestellt werden, damit Gelb-Radler nicht vom startenden Querverkehr erlegt werden, drittens koordiniert der Bezirk die Schilder, während für die Ampeln das Land zuständig ist. Alles kein Grund für Schlendrian, urteilte das Gericht: Die Schilder müssen bis 1. August weg. Sonst werden 24 mal 200 Euro fällig.

Die Verkehrsverwaltung will nun zur Tat schreiten: „Wir sind dabei, das umzusetzen, aber Ampelumstellungen sind nicht von heute auf morgen möglich“, sagt eine Sprecherin. Sie weiß, dass das Thema in absehbarer Zeit nicht ausgestanden sein wird. Weil noch ein gutes Dutzend Verfahren laufen und weil Volkmann „immer mal ’ne Liste mit drei Seiten schickt“.Stefan Jacobs

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