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Berlin: Erinnerung und Versöhnung

Zu Besuch in Israel: Der Regierende Bürgermeister trifft einen General und zwei bemerkenswerte Frauen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Yad Vashem – die Erinnerung an das unsägliche Grauen des Holocaust. Beit Ben Yehuda – die Arbeit von Jugendlichen für das deutsch-israelische Zusammenleben. Beides prägte gestern den Besuch Klaus Wowereits in Jerusalem. Zwei Stunden nahm sich der Regierende Bürgermeister Zeit für die zentrale Gedenkstätte des Landes, wo seit 1953 die Judenvernichtung im nationalsozialistischen Deutschland erforscht und dargestellt wird. Anschließend fuhr er in die Begegnungsstätte der „Aktion Sühne-Zeichen“, um mit den Freiwilligen aus Deutschland – einige kommen aus Berlin – zu reden.

„Sagen Sie den jungen Leuten, dass man wieder nach Israel reisen kann“, bat die Leiterin der internationalen Einrichtung, Katharina von Münster. Seit der Intifada sei die Zahl der Jugendlichen, die in Jerusalem oder Tel Aviv alten Menschen helfen, Behinderte pflegen oder Kinder betreuen, drastisch zurückgegangen. „Man kann das Risiko minimieren“, machte die Leiterin Mut. Etwa 30 Jungen und Mädchen saßen mit Wowereit um den Tisch und erzählten von ihren fast immer guten Erfahrungen. Zum Beispiel Lukas und Felice aus Berlin. Er betreut zwei Holocaust-Überlebende, sie ist Pflegerin im Kinderkrankenhaus. Die Sprachverwirrung ist groß; man radebrecht hebräisch und englisch, französisch und deutsch. Aber es funktioniert. Der Regierende hörte zu, fragte nach Sprachkursen und der Finanzierung des großen Hauses. Es war eine fröhliche Runde.

In Yad Vashem blieb der Gast aus Berlin wortkarg und ernst. Er kennt die Gedenkstätte gut, weil er seit den siebziger Jahren immer wieder Israel besuchte. Aber zum ersten Mal legte Wowereit als Regierender Bürgermeister von Berlin einen Kranz nieder. Ein paar Besucher aus Deutschland sprachen ihn an; ein israelischer General schüttelte ihm die Hand und verwickelte den Besucher in ein kurzes, freundliches Gespräch. Erinnerung und Versöhnung. Ein Besuch in Israel ist für deutsche Politiker auch 60 Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft nicht irgendeine Reise.

Bereits am Mittag hatte Wowereit in Tel Aviv den früheren israelischen Premier Jitzhak Rabin geehrt, der vor zehn Jahren einem Attentat zum Opfer fiel. Die Vize-Bürgermeisterin von Tel Aviv, Yael Dayan, nahm an der schlichten Zeremonie teil – und kämpfte mit den Tränen. Sie ist eine unerschrockene Linke aus der Friedens- und Frauenbewegung und Tochter des legendären Generals Moshe Dayan. „Eine tolle Frau“, sagte Wowereit nach dem gemeinsamen Mittagessen.

Noch eine bemerkenswerte Frau, wenn auch ganz anders, traf er schon gestern früh. Das war der heiterste Moment des Tages, im Norden von Tel Aviv. Dort, wo die Westbank nicht mehr weit ist, steht mitten auf freiem Feld eine Fabrik, die Waschbecken und Kloschüsseln baut. Gleich daneben, in einer Lagerhalle, dreht Maria Schrader einen Film, der 2006 ins Kino kommt. Er heißt „Liebesleben“. Die Schauspielerin freute sich, als Klaus Wowereit kam und umarmte ihn herzlich. Beide kennen sich gut. „Wir laufen uns öfter über den Weg“, lachte Schrader. Das Medienboard Berlin-Brandenburg fördert, wenn auch mit bescheidenen Mitteln, die deutsch-israelische Koproduktion.

Maria Schrader schwärmte von Israel, vor vier Wochen begannen die Dreharbeiten, es sei alles „fast zu aufregend“. Als sie zu einem Botschaftsempfang am Montag in Jerusalem eingeladen wurde, fragte sie gleich, „ob der Klaus auch da ist“. Ja natürlich. Dann kommt sie gern.

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