zum Hauptinhalt

Eröffnung "Bikini Berlin": Mit Ausblick auf das Affenhaus

Das Innere der "Concept Mall" ist geprägt von viel Grün und Holz, ein Panoramafenster bietet beste Sicht auf den Zoo. Trotzdem fühlt man sich ein wenig wie in New York.

Die Affen sind es gewöhnt, dass man sie ständig beim Spielen und Dösen beobachtet. Ob das nun Zoobesucher sind oder Shoppingkunden, die mit ihren Einkaufstüten kurz verschnaufen und statt auf Kleiderstangen lieber auf rote Pavian-Popos schauen, dürfte ihnen herzlich egal sein. Genau das ist bald möglich. Ein großes Fenster im neuen Bikinihaus weist direkt auf das Affengehege und lädt zum Verweilen ein. Kurz vor der Eröffnung sitzen dort auf langen, glatten Holzbänken die Innenausstatter aus den einzelnen Läden bei der Mittagspause zusammen.

Die neue Einkaufsmeile ist noch am Werden, die Shopbetreiber und Gastronomen längst noch nicht eingezogen. So unverstellt wird der Eindruck nie wieder sein. Da fällt auf, wie gut alles harmoniert: das Innere des Bikinihauses, mattes Grün und Holz, mit dem Zoo da draußen.

Designerläden statt Zara und H&M

Die Geschäfte müssen sich an bestimmte ästhetische Auflagen halten und auch die Schriftzüge unterliegen den Vorgaben des Denkmalschutzes. „Es gibt ein richtiges Handbuch für Gestaltung“, sagt Kai-Uwe Ludwig, Geschäftsführer von Bikini Berlin. So wird es auch bei vollem Betrieb auf den rund 17000 Quadratmetern wohl nie quietschig-bunt werden. Das Bikini Berlin will anders sein, nennt sich deshalb auch nicht Einkaufszentrum oder Shopping- mall, sondern „Concept Mall“. Die meisten Mieter stehen schon fest, 85 Prozent sind bisher vergeben, die großen, bekannten internationalen Klamottenketten wie Zara oder H&M fehlen allerdings.

Dafür ziehen Einzelhändler aus dem Mode- und Designbereich in das Haus gegenüber der Gedächtniskirche ein. Einige von ihnen haben bisher vor allem auf den trendigen Mitte-Kiez vertraut, wie der Gestalten Verlag etwa oder der AM3 Schiesser Revival Store, der sein Geschäft ganz von der Münz- an die Budapester Straße verlegen wird. Andere Firmen wie die italienischen Modemacher Grifoni oder Aspesi wagen mit ihrer Shoperöffnung den ersten Schritt auf dem deutschen Markt.

Das Bikinihaus ist eine Concept Mall

Sehr früh konnte auch der erfahrene Geschäftsmann und Boutiquenbetreiber Andreas Murkudis gewonnen werden. Er hatte Mitte schon länger verlassen und einen Laden mit Mode, Accessoires und Kosmetik in der Potsdamer Straße in Tiergarten eröffnet. Versteckt im Hinterhof liegt das Geschäft, die trendbewussten Leute pilgern trotzdem hin. Murkudis ist neben den zahlreichen Galerien mitverantwortlich dafür, dass sich das Viertel im Aufschwung befindet. Bringen er und andere diesen Aufschwung nun auch in die City West? Die Bayerische Hausbau, die das Bikini-Ensemble im Jahr 2002 gekauft hatte, wirbt mit „Berlin's New Concept Mall“. Das Unternehmen hat in das Projekt einen nicht näher präzisierten dreistelligen Millionenbetrag investiert.

Modemacher können Kollektionen ausstellen

Im Erdgeschoss des Bikinihauses fallen 19 große hölzerne Module auf, wie überdimensionale Transportkisten sehen sie aus. „Boxes“ heißen sie, zwischen 19 und 39 Quadratmetern groß. Die temporären Verkaufsflächen werden für mindestens drei bis maximal zwölf Monate vermietet. Junge Berliner Kreative könnten dort hineinpassen, zumindest fehlt ihnen bisher eine Plattform in dieser Stadt.

Zwei Mal im Jahr präsentieren sich die Modemacher auf der Fashion Week, danach jedoch verschwinden sie gleich wieder in ihren Ateliers. Möglichkeiten, ihre Kollektionen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, haben sie kaum, eigene Ladengeschäfte zu betreiben, ist zu teuer. Im Bikinihaus soll es neben den Pop-up-Geschäften auch noch im „Supermarket“ Präsentationsmöglichkeiten für lokale Designer geben. Eine große Ladenfläche ist außerdem für Studenten des renommierten Art Center College of Design aus Los Angeles reserviert. Die Designschüler absolvieren in Berlin ein Auslandssemester und präsentieren ein Jahr lang ihre Forschungsergebnisse und Arbeiten. Ein bisschen erinnert diese Mischung aus Konsum und kreativem Geist an das Konzept des Aufbau-Hauses am Moritzplatz. Das ist damals wie ein Ufo in dem unterentwickelten Teil des Kreuzberger Kiezes gelandet und dient heute vielen Städteplanern als Vorbild.

Ein Stück New York in Berlin

Der Zeitgeist spielt mit. Das Bikinihaus mit seinem Fünfzigerjahre-Design könnte hipper nicht wirken. Retro ist in, all das Kühle, Schlanke, Minimalistische. Und ein bisschen lebt das Bikini Berlin auch von einem Mythos. „Hier ging es hinunter in die Disco Linientreu“, erklärt Kai-Uwe Ludwig und deutet auf eine Treppe im Boden, die zum Kellergeschoss führt, wo sich der Club befand. Das Linientreu war eine der letzten Kult-Discos der Achtzigerjahre. Der Berliner Lautsprecherhersteller Teufel aus Schöneberg wird dort unten, wo sich einst die legendäre runde Tanzfläche befand, ein Tonstudio einrichten. Ein bisschen hat man im Bikinihaus auch das Gefühl, in New York zu sein. Offene Lüftungsrohre an den Decken, Betonsäulen und Industriescheinwerfer gibt es auch im Meat Packing District von Manhattan, dort, wo sich aus alten Industriebrachen ein angesagtes Shopping- viertel herausgeschält hat. Unverwechselbar wird es allerdings, wenn man auf die 7000 Quadratmeter große Dachterrasse tritt. Hier lässt sich nicht mehr daran rütteln: Das ist Berlin. Das ist die City West, mit ihren grauen Fassaden und dem rauen Charme noch unpolierter Nachkriegsarchitektur. Irgendwie auch cool. Und wem das nicht gefällt, der kann ja immer noch seinen Kopf gen Zoo wenden. Da tollt gerade ein kleines Äffchen über ein Seil.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false