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Berlin: Erst die Wolke, dann das Humboldtforum

Kulturverwaltung stimmt einer vorübergehenden Nutzung des Schlossplatzes zu. Nun soll eine Halle für junge Kunst entstehen

Die Kunst kehrt an den Schlossplatz zurück. Wenige Jahre nachdem die Kulturschaffenden die Ruine des Palastes der Republik räumen mussten, weil der Abriss des Asbest belasteten Rohbaus begann, stehen die Chance für den Bau eines ganz neuen provisorischen Kunstpavillons gut: Kulturstaatssekretär André Schmitz befürwortet entsprechende Vorschläge. Die Freude über die Kultur am Schlossplatz wird aber nur kurze Zeit währen: zwei Jahre.

Zu der überraschenden Wendung in der Diskussion um die Nutzung des Schlossplatzes kam es, nachdem der Bund seinen Zeitplan für den Bau des Humboldtforums öffentlich gemacht hatte. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee hatte vor kurzem erklärt, dass im Jahr 2010 der Grundstein für die Bebauung des Schlossplatzes gelegt werden soll. Mit dieser Entscheidung öffnete sich das Zeitfenster für die provisorische Nutzung des Schlossplatzes: ab 2008 ist dort Platz für Kunst, weil dann die letzten Stahlträger des Palastskelettes abgetragen sind – und 2010 ist schon wieder Schluss, weil dann das Schloss kommt.

„Jetzt liegt es an den Initiatoren des Projektes tragfähige Finanzierung- und Bauplanungen vorzulegen“, sagte Thorsten Wöhlert, der Sprecher der Kulturverwaltung gerstern. Der temporäre Kunsttempel werde keine öffentlichen Mittel erhalten. Und der Senat benötige detaillierte Finanz- und Bauplanungen, damit ein tragfähiger Beschluss gefasst werden könne.

Aber wer sind die Initiatoren des Projektes? Ein loser Verbund von Kunst- und Kulturfreunden, die „Monopol“ mobilisiert hat. Das Kunstmagazin hatte im Sommer Entwürfe von fünf Architekten für eine kulturelle Zwischennutzung des Schlossplatzes veröffentlicht. Im Gedächtnis blieb ein „weiße Wolke“ genannter Entwurf aus dem Büro Graft, zu dessen Kunden auch der Schauspieler Brad Pitt gehört. Die Computersimulation zeigt eine leuchtende organische Konstruktion, deren Rundungen an die Kongresshalle, das heutige Haus der Kulturen der Welt, im Tiergarten erinnern.

Mehr als den in romantisch-rote Dämmerung getauchten Entwurf haben die Architekten und Initiatoren bisher nicht vorgelegt. Das erforderliche Baugeld, Beträge zwischen einer und drei Millionen Euro sind zu hören, könnten Sponsoren aufbringen, glaubt man bei Monopol. Der stellvertretende Chefredakteur Ingolf Kern spricht von 140 Unterstützern des Projektes. Dabei handle es sich allerdings nicht um Finanziers – und das Magazin werde das Bauvorhaben natürlich auch nicht selbst realisieren können.

Zu den Förderern des Projektes zählt Peter Raue: „Wir brauchen dringend eines solche Begegnungsstätte für die aktuelle Kunst“, sagt der Rechtsanwalt und Vorsitzende des Vereins der Freunde der Nationalgalerie. Ein temporärer Kunsttempel am Schlossplatz sei ideal, „um zu prüfen, ob so etwas finanzierbar ist und wie es funktioniert.“ Auch bei der Kulturverwaltung werden Szenarien für eine solche Ausstellungshalle für junge Kunst entwickelt, sogar für eine dauerhafte Lösung, dann aber nicht am Schlossplatz.

Raue zufolge geht es darum, den Dialog zwischen der pulsierenden freien Berliner Kunstszene und Institutionen wie den Hamburger Bahnhof voranzubringen. „Denn nicht alles, was neu und aufregend ist, kann dort gezeigt werden“, so Raue. Und in Berlin gebe es neben der Nationalgalerie und gewerblichen Galerien keine Ausstellungsorte für junge Kunst. Dagegen hätten viele andere deutsche Kulturstädte dafür bestimmte Räume: In Hamburg gebe es die Deichtorhallen, in Düsseldorf die Kunsthalle.

Der Chef des Fördervereins Berliner Schloss glaubt, dass die Wolke an den vielen technischen Hürden scheitern werde: „Da muss der Winddruck abgefangen, Klimatisierung und Heizung eingebaut werden und ein Sicherheitskonzept her“, sagt Wilhelm von Boddien. Der „enorme Aufwand“ sei mit den von den Architekten genannten Baukosten von drei Millionen Euro nicht abzudecken. Der Förderverein rechne bei der eigenen „Infobox“ über das Hohenzollernschloss mit Kosten von 4,5 Millionen Euro bei einer Grundfläche von 700 Quadratmetern.

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