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Berlin: Erst Heimspiel, dann Trinkspiel AUFTRITT DER WOCHE Dienstag rocken die Schotten von Mogwai im Huxley’s

Hinterher wird in der Kneipe „Das Gift“ gefeiert – die gehört dem Keyboarder

Wenn die schottische Band Mogwai am Dienstagabend die Wände im Huxley’s zum Wackeln bringt, dürfte das Barry Burns besonders am Herzen liegen: Das Mogwai-Fünftel hat Heimspiel. Seit gut einem Jahr lebt Burns mit seiner Frau Rachel in Berlin, im Januar haben die beiden gemeinsam mit zwei Künstlern die Kneipe „Das Gift“ an der Ecke Donau-/ Weichselstraße in Neukölln aufgemacht. Klar, dass dort auch die Aftershowparty stattfindet – das Huxley’s liegt gerade mal 900 Meter entfernt.

Barry Burns ist bei Mogwai Keyboarder, spielt aber auch Flöte und Gitarre. Wer den experimentierfreudigen Multiinstrumentalisten auf der Bühne sieht, wundert sich nicht, dass sich Burns neben seinem Job als Profimusiker nun auch als Kneipier versucht. Sein Konzept, ein bisschen Glasgower Gemütlichkeit und Salt&Vinegar-Chips in den Neuköllner Kiez zu bringen, scheint aufzugehen: In der Eckkneipe mit rustikalem Mobiliar und alternativen Bieren tummeln sich am Freitag die Gäste. Das Publikum ist auffallend homogen, als hätte jemand die Neuköllner In-Crowd um die 30 pünktlich zu Tisch gebeten. Einziger Tagesordnungspunkt an diesem Abend: die Eröffnung der Ausstellung „Solo Show“ der Galerie Europa in einem kleinen Hinterzimmer. In der Mitte des Raums steht die Skulptur „Bea“, ein weißes Kunstfell mit Krallen und Zähnen. Nein, das Werk habe nichts mit dem plötzlichen Ableben eines berühmten Eisbären zu tun, sagt Kuratorin Zoë Claire Miller.

Barry Burns ist nicht der einzige Glasgower Musiker mit Wahlheimat Berlin. Vor drei Jahren zog bereits Francis Healy, Sänger der Britpop-Band Travis, her. Musikalisch könnten die beiden aber nicht weiter auseinander liegen. Mogwai spielen Postrock, und zwar sehr lauten, meist mit stark verzerrten Gitarren. Im Huxley’s stellen sie ihr neues, mittlerweile siebtes Album vor: „Hardcore will never die, but you will“. Das Wortspiel mit dem Tod scheint den Schotten eine Herzensangelegenheit zu sein. Ein früheres Album trug den Titel „Come on Die Young“, ältere Songs hießen „I’m Jim Morrison, I’m dead“, „Killing All the Flies“ oder „Kids Will Be Skeletons“. Dass Mogwai auf Chinesisch so viel bedeutet wie „dunkler Geist“, hat laut Band keine tiefere Bedeutung. Vielmehr hätten sie lange vorgehabt, sich nach einem besseren Namen umzuschauen, seien aber einfach nie dazu gekommen. Kein Wunder, die Jungs, denen Kritiker attestieren, „eine der spannendsten Bands dieses Planeten“ zu sein, und die von der „London Times“ als Meister der Leise-Laut-Dynamik gefeiert werden, sind dauerbeschäftigt. Nach Auftritten in Frankreich, Belgien und Deutschland führt die aktuelle Tour nach Skandinavien und Russland, danach in die USA.

Ihre vorwiegend instrumentalen, zum Teil massiven Soundkompositionen sind überaus gefragt. Zahlreiche Festivalbuchungen für den Sommer stehen bereits fest, geplante Konzerte mussten in größere Hallen verlegt werden. Die Berlin-Show sollte ursprünglich im Postbahnhof stattfinden. Um zu vermeiden, dass nach dem Konzert hunderte Fans in „Das Gift“ pilgern, bleibt der Laden am Dienstag leider offiziell geschlossen. Es gebe nur eine kleine Privatparty mit etwa 80 Gästen, sagt Rachel Burns. Besonders ausschweifend kann sowieso nicht gefeiert werden. Am nächsten Abend muss die Band schon wieder in Kopenhagen auf der Bühne stehen.

Huxley’s, Dienstag, 21 Uhr, 26 Euro

Thordis Meyer

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