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Berlin: Erst tippen, dann treten

Ohne Codenummer geht nichts: So fährt es sich mit den neuen Mieträdern der Deutschen Bahn / Das Abstellen ist an jeder Straßenecke möglich

Von Tanja Buntrock

Wie Perlen an einer Kette funkeln die silber-rot-farbenen Fahrräder auf dem Wittenbergplatz. Passanten bleiben stehen, wundern sich. Der Effekt ist gewollt. Die Deutsche Bahn verteilt seit Mittwoch 1200 Stück davon in der Stadt, und jedermann kann damit fahren. „Call a bike“ nennt sie das Projekt. 2000 sollen es bis Ende des Monats sein. Das Prinzip: An etwa 3500 Keuzungen im Bereich des S-Bahnringes stehen die DB-Räder. Wer gerade eins braucht, leiht es sich. Und zwar ganz einfach, dank des ausgetüftelten Verleih-Systems, sagen die DB-Mitarbeiter.

Wirklich alles ganz problemlos? Mal sehen. Erspäht man eines der vollgefederten Räder, sollte der erste Blick auf das kleine Lämpchen am Schlossdeckel wandern: blinkt es grün, ist das Rad frei. Dann einfach per Handy oder aus der Telefonzelle die kostenlose Nummer 0800-522-5522 wählen und dort der Call-Center-Stimme die Personalien und Kreditkarten-Nummer durchgeben. Mit Einzugsermächtigung ginge es auch, aber erst vier Tage nach Anmeldung. Oder gleich eine der „Fahrradstationen“ (Friedrichstraße, Bergmannstraße, Leipziger Straße, Hackesche Höfe, Auguststraße) ansteuern. Fünf Cent (drei für Bahn-Card-Besitzer) pro Minute kostet das DB-Rad und höchstens 15 Euro für den ganzen Tag. Sind alle Formalitäten geklärt, den vierstelligen Code, den einem die Telefonstimme genannt hat, in das Display unter dem Schloss-Deckel eingeben. Vergessliche sollten sich die Nummern notieren. Los geht’s, vollgefedert und mit Acht-Gang-Schaltung. 1000 Euro ist das silberne Super-Bike wert. Aber fährt es sich auch so? „Wie auf Wolken“, das darf man nach einer ersten Testfahrt durch die Stadt wohl sagen. Kein Knarzen der Kette, die Gänge schalten sich wie geschmiert. Der Sattel lässt sich mit dem Schnellspannhebel problemlos verstellen, das Licht schaltet sich sogar automatisch an, wenn’s dunkel wird. Der Gepäckträger sieht utopisch aus: eine Art silberner Halbschale, in die der Rucksack oder die Tasche gelegt und mit extrem straffen Gepäckhalter-Bändern befestigt werden können. Vorsicht beim Stoppen: Die Bremen ziehen so stark, dass der Fahrer Kobolz über den Lenker schießen könnte. Beim Herumfahren lassen sich wirklich eine Menge anderer DB-Räder erspähen: Ecke Bülow-/Potsdamer Straße sind es gleich sechs.

Wie wär’s mit einer Fahrpause vor dem Bäcker? Kein Problem. Einfach das schlauchartige Schloss in den Kasten schieben. Wenn’s weiter gehen soll, wieder den Code eingeben, Schloss hinausziehen und losfahren. Doch vor Muskelkater in den Beinen oder einem schmerzenden Po schützt selbst dieses schmucke Rad nicht. Also abstellen, und zwar immer an einer Straßenecke, bei „Rückgabe?“ ja drücken, neuen €vierstelligen Code merken, die Berliner Nummer, die auf dem Schlosskasten gedruckt ist, anwählen, neuen Code und Zielort durchgeben und Tschüs sagen. Zu kompliziert? Einfach mal üben.

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