zum Hauptinhalt

Berlin: Erst wenn auch der Bundesrat umgezogen ist, wird die Vertretung in der alten Bundeshauptstadt dichtgemacht

Offiziell hat sich die Berliner Landesvertretung in Bonn schon Ende Juni mit einem Konzert verabschiedet. Sie bleibt aber noch ein bisschen.

Offiziell hat sich die Berliner Landesvertretung in Bonn schon Ende Juni mit einem Konzert verabschiedet. Sie bleibt aber noch ein bisschen. Erst wenn in einem Jahr auch der Bundesrat sein neues Domizil im einstigen Preußischen Herrenhaus in der Leipziger Ecke Wilhelmstraße bezieht, wird die Landesvertretung in der Bonner Joachimstraße dicht gemacht. Bis dahin muß ein Dutzend Referenten wegen der Kontaktpflege zum Bundestag und Bundesrat pendeln.

Schon seit vier Jahren sind die Bundes- und Europa-Angelegenheiten Sache des Regierenden Bürgermeisters. Aber der Streit, ob Berlin auch in Berlin eine eigene Landesvertretung braucht, schwelte lange. Eberhard Diepgen sagte ja und nein; eine halbe soll es sein. Sie ist inzwischen so gut wie fertig, diese "Außenstelle der Senatskanzlei" in der Wilhelm- Ecke Dorotheenstraße. Im größten Hochschulbau von 1874 hat der Senat rund 1400 Quadratmeter von der Humboldt-Universität übernommen und zu Büros samt "Besprechungsraum" hergerichtet. Die Bau- und Einrichtungskosten beziffert Staatssekretärin Hildegard Boucsein, die Berlin-Bevollmächtigte beim Bund, mit 4,85 Millionen Mark. Nur aus dem Blickkontakt mit dem Reichstagsgebäude wird nichts: "Der Bundestag hat uns einen seiner Verwaltungsbauten vor die Nase gesetzt."

Wo der berühmte Mediziner Robert Koch forschte, werden zunächst die Pendler untergebracht, und sie bekommen Personalverstärkung aus der Senatskanzlei. Später werden es insgesamt 25 oder 27 Mitarbeiter sein, die Hälfte der Berlin-Bediensteten in Bonn. Mehr ziehen auch nicht um. Mitte September ist Schlüsselübergabe, aber "ganz formlos, ich nehme an, in einem leeren Raum", meint Hildegard Boucsein. Auch sie selbst pendelt. In Berlin behält sie fürs erste ihren Platz im Rathaus. Schon deshalb, weil sie nicht weiß, ob sie nach der Wahl am 10. Oktober ihr Amt behalten kann.

Vernetzung heißt das Problem, das ihr im Moment zu schaffen macht. Ein Informationsverbund Berlin - Bonn, kurz IVBB, ist im Werden. Darüber wird noch mit dem Bundesinnenministerium geredet. Über dieses neue System inklusive Anschluss an das Bundestagsfernsehen wollen die Länder künftig immer auf dem Laufenden über Termine und Verhandlungsstand von Bundestag und Bundesrat sein. Die änderen sich oft rasch: "Bisher springen wir selbst herum oder telefonieren uns alles zusammen, man muss ständig hinterher sein." Dass der Bund nur die Landesvertretungen, aber nicht die Staatskanzleien in den IVBB einbeziehen will, ist eine unverhoffte Rechtfertigung für die "Außenstelle der Senatskanzlei".

Vor allem will Berlin im Regierungsviertel präsent sein. Wer seine Landesinteressen wahrnehmen will, muss Kontakte pflegen, auf kürzestem Wege die vielen kurzfristig terminierten "Kungelrunden" erreichen und selbst dazu einladen können. Auch das verbirgt sich hinter dem Begriff "Besprechungsraum". Und wer selbst die halbe Berlin-Vertretung zu aufwendig findet, bekommt von Hildegard Boucsein zu hören: "Wir bringen ja Geld mit." Also, das Anwesen in der Bonner Joachimstraße - ein Bürohaus und ein Gästehaus mit Appartements des Regierenden und der Bevollmächtigten samt Gärten - stehen nach 50 Jahren zum Verkauf. Für das Bürohaus gibt es schon einen "sehr ernsthaften Interessenten".

Mit den klassischen Repräsentationsaufgaben einer Landesvertretung aber ist es für Berlin vorbei; die Eigenwerbung in Bonn hat sich erledigt. Ausnahmen bestätigen die Regel. So gibt Berlin in Berlin am 8. September seinen Einstand mit einem Hoffest in den Höfen des Roten Rathauses. Der Regierenden Bürgermeister will damit eine neue Tradition begründen. Was bis 1998 das Laubenpieperfest in Bonn war, soll von jetzt an das Hoffest sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false