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Berlin: Erste Stunde: Erziehungswissenschaften

Viele Schulen nehmen die Eltern in die Pflicht. In Seminaren werden ihnen die Schulregeln erklärt – aber auch Tipps gegeben

Die Diskussion um Gewalt und Disziplinlosigkeit an den Berliner Schulen hat ein Augenmerk auf die Rolle der Elternhäuser gerichtet. Allgemein wächst die Überzeugung, dass die Lehrer die Unterstützung der Eltern brauchen, um die Kinder im Schulalltag überhaupt ansprechen oder gar Lernerfolge erzielen zu können.

Bisher reagierten Schulen meist hilflos, wenn Eltern ihre Mitarbeit verweigerten und nicht einmal zu Elternabenden erschienen. Mit dieser Hilflosigkeit könnte es nun vorbei sein: Die Steglitzer Nikolaus-August-Otto-Hauptschule hat vorgemacht, dass man Väter und Mütter dazu verpflichten kann, sich den Aufgaben als Eltern schulpflichtiger Kinder zu stellen: Wie berichtet, nimmt sie Siebtklässler nur dann auf, wenn sich die Eltern bereit erklären, an einem zehnwöchigen Seminar teilzunehmen, das sich an dem „Step-Programm“ aus den USA orientiert und auf die Verbesserung der Erziehungskompetenzen abzielt.

Dort lernen sie alles, was benötigt wird, wenn man es mit Schulkindern zu tun hat: Wie motiviere ich sie? Was erwartet die Schule von den Eltern und was von den Kindern? Soll man bei den Hausaufgaben helfen? Was kann man tun, damit das Thema „Schule“ das Familienleben nicht belastet? Nach dreijährigen Erfahrungen zeigt sich, dass Eltern bereit sind, diese Seminare zu besuchen, wenn sie von der Schule überzeugt sind. Diese Erfahrung hat die Leiterin der Elternseminare an der Nikolaus-August-Otto- Schule, Eva Schmoll, dazu ermutigt, die Anforderung noch höher zu schrauben: Jetzt müssen sogar beide Elternteile bereit sein, mitzumachen. Trotz dieser Hürde gibt es wiederum mehr Anmeldungen als Plätze.

Die Seminare können nicht nur Hilfestellung bei akuten Erziehungs- und Motivationsproblemen bieten, die alle Eltern irgendwann umtreiben. Sondern sie können auch Eltern aus anderen Kulturkreisen nahe bringen, welchen Stellenwert Bildung hat und dass nicht nur die Lehrer, sondern auch die Erziehungsberechtigten die Pflicht haben, ihre Kinder zu unterstützen. Dies ist vielen offenbar nicht klar. So berichteten Migrationsfachleute, dass es etwa im Libanon nicht üblich sei, dass Eltern sich um die schulischen Belange ihrer Kinder kümmern. Auch viele Eltern aus der Türkei, deren Kinder die größte Zuwanderungsgruppe in den Schulen bilden, sind nicht damit vertraut, wie wichtig Schule und Bildung in Deutschland ist. Noch immer kommen im Rahmen des Ehegattennachzugs Menschen aus der Türkei, die selbst nur wenige Jahre die Schule besucht haben und mit den Anforderungen des deutschen Schulwesens nichts anfangen können. Sie könnte man erreichen, wenn man den Schulbesuch mit Elternseminaren verbinden würde. Auch die CDU-Politikerin Rita Süssmuth forderte, dass alle Eltern – Deutsche und Migranten – solche Kurse absolvieren sollten.

Inzwischen haben rund zwei Dutzend weitere Schulen Interesse an dem Seminar bekundet. Nicht alle sind aber bereit, die Kosten für die Fortbildung zu tragen. In der nächsten Runde sind deshalb nur 14 Schulen dabei, darunter überwiegend Hauptschulen. Bildungssenator Klaus Böger (SPD) hat den Hauptschulen zugesagt, sie bei der Einrichtung von Elternkursen zu unterstützen. In welchem Umfang, das ist unklar. Bisher teilen sich die Schulen, die Lehrer und das Landesinstitut für Schule und Medien die Kosten von rund 1000 Euro für die Fortbildung pro Lehrer. Hinzu kommt der personelle Aufwand für die Veranstaltung der Elternseminare.

Nähere Infos: www.instep-online.de oder www.nao.be.schule.de

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