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Berlin: Erstochener Säugling in Babyklappe abgelegt

Von Jörn Hasselmann In der Babyklappe des Krankenhauses Waldfrieden ist ein mit mehreren Stichen in die Brust getöteter Säugling abgelegt worden. Über die Eltern des kleinen Jungen und die Hintergründe der Gewalttat hat die Polizei noch keine Erkenntnisse.

Von Jörn Hasselmann

In der Babyklappe des Krankenhauses Waldfrieden ist ein mit mehreren Stichen in die Brust getöteter Säugling abgelegt worden. Über die Eltern des kleinen Jungen und die Hintergründe der Gewalttat hat die Polizei noch keine Erkenntnisse. Der erst wenige Tage alte Säugling wurde gegen 13.20 Uhr in die Babyklappe an Haus A des Krankenhauses an der Argentinischen Allee gelegt. Nach wenigen Minuten klingelte dann der automatische Alarm in der Kinderstation. Die Ärzte konnten jedoch nur den Tod feststellen. Nach Polizeiangaben soll das Kind „mitteleuropäisches Aussehen“ haben.

Die Obduktion durch die Gerichtsmedizin ergab, dass der Junge schon tot war, als er in das Wärmebettchen gelegt wurde. Der Zeitpunkt der Tötung lässt sich auf wenige Stunden vor der Abgabe in der Klinik eingrenzen. Der Junge soll voll ausgetragen worden sein, er wurde komplikationslos und fachlich sauber abgenabelt. „Ein seltsamer Fall“, sagte Kriminaloberrat Oliver Knecht gestern dem Tagesspiegel. Mysteriös sei vor allem, dass das Kind derart umständlich und mit einem hohen Entdeckungsrisiko behaftet in die Klappe gelegt wurde. „Das Kind war erkennbar tot“, sagte der Leiter der Inspektion „Delikte an Kindern“ – es sei also unwahrscheinlich, dass der oder die Täter hofften, das Kind durch die Abgabe in einem Krankenhaus noch retten zu können. „Allerdings wissen wir nicht, in welchem seelischen Zusstand die Mutter war.“ Auch die Spurensicherung habe kaum Erkenntnisse gebracht, sagte Knecht. Offen sei zudem, ob der Ableger des Kindes es auch tötete. Pro Jahr werden in Berlin sechs bis zwölf Kinder im Säuglingsalter getötet – und die Leichen normalerweise in Mülltonnen oder im Freien entsorgt.

Die Kripo sucht jetzt Zeugen, die am Montagmittag Beobachtungen im Bereich des Krankenhauses gemacht haben oder die Kleidung des Kindes kennen. Unter Umständen kamen der oder die Täter mit dem Bus oder auch mit einem Taxi in die Argentinische Allee. Der getötete Säugling war bekleidet mit einem dunkelblauen Strampler, bestickt mit einem Elefantenmotiv im Brustbereich (Kindergröße 56). Auf dem Kopf hatte das Baby eine weiß-blau-karierte Mütze mit aufgesticktem Blumenmotiv. Hinweise an das Landeskriminalamt unter Telefon 699 327 320.

Zeugen unter den Ärzten und Krankenschwestern oder gar Videoaufnahmen gibt es nicht, da den Müttern von den Organisatoren der Babyklappe bekanntlich völlige Anonymität bei der Abgabe ihres Kindes zugesichert wird. Die abseits des Haupteinganges gelegene Klappe kann nicht eingesehen werden. Auch die Minuten-Verzögerung des Alarms soll die Anonymität wahren. Nach Angaben von Ursula Künning, der Koordinatorin des Projektes Babyklappe in Berlin, ist noch niemals ein getötetes Kind in eine Babyklappe gelegt worden. Dies gelte für Berlin und ganz Deutschland. Die Idee der Babyklappen sei ja gerade, zu verhindern, dass verzweifelte Eltern ihr Kind aussetzen oder sogar töten. „Wir stehen noch unter Schock“, berichtete Künning. „Das ist ganz und gar furchtbar“ – aber dennoch kein Grund, die Idee der anonymen Kinderabgabe aufzugeben. In den knapp zwei Jahren des Bestehens der drei Berliner Wärmebettchen seien vier Neugeborene abgegeben worden, sagte Künning; die erste Klappe wurde im Herbst 2000 in Waldfrieden installiert. Nur ein Säugling hatte Untergewicht und musste hochgepäppelt werden; die anderen wurden sofort in die Obhut von Pflegeeltern gegeben. „Heute sind alle gesund und munter und haben Aussicht auf eine Adoption durch ihre Pflegefamilien“, berichtete Ursula Künning.

Informationen zum Fall im Internet:

www.babyklappe-berlin.de

www.berlin.de/polizei/Presse/archiv/ 07007/index.html

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