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Teures Vergnügen. Für Finanzsenator Ulrich Nußbaum ist der Teil-Rückkauf der Wasserbetriebe mit Millionenkosten verbunden. Die Bürger sollen aber davon profitieren.

© dpa

Erwerb der Wasserbetriebe: Nußbaum verteidigt Kaufpreis

Für 618 Millionen Euro will der Senat die Anteile von RWE an den Berliner Wasserbetrieben zurückkaufen. Am Dienstag besiegelte er das Geschäft, am Donnerstag wird der Vertrag mit RWE veröffentlicht. Die Grünen und die Linkspartei kündigten eine intensive Prüfung des Geschäfts im Abgeordnetenhaus an.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Senat hat am Dienstag erwartungsgemäß beschlossen, die Anteile der RWE Aqua GmbH an den Berliner Wasserbetrieben zurückzukaufen. Genau genommen erwirbt das Land Berlin bei der komplizierten Transaktion den Part der RWE-Konzerntochter an der Berlinwasser Beteiligungs GmbH (RVB), in der auch Veolia vertreten ist. Beide Privatinvestoren waren seit 1999 als stille Teilhaber zu jeweils 24,95 Prozent an der Berlinwasser Holding beteiligt, an der das Land Berlin die übrigen 50,1 Prozent Anteile hält.

Diese Konstruktion machte es überhaupt erst möglich, die Berliner Wasserbetriebe (BWB) als Anstalt des öffentlichen Rechts teilweise zu privatisieren. RWE erhält für den rückwirkenden Ausstieg zum 1. Januar 2012 einen Kaufpreis von 618 Millionen Euro, sobald das Geschäft rechtswirksam ist. Am Mittwoch wird der Vertrag notariell beurkundet, vorbehaltlich der Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Nach der Sommerpause wird das Parlament beraten, ein Beschluss wird für den Herbst erwartet. Weil dem Land Berlin schon 2012 die Gewinnausschüttung aus dem RWE-Anteil zusteht, wird dafür ein Ausgleich von 30 Millionen Euro gezahlt. Außerdem eine Steuerrückerstattung und weitere Nebenkosten von insgesamt 9,3 Millionen Euro.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) verteidigte das Verhandlungsergebnis gegen die Kritik der Grünen, die der Meinung sind, dass sich die vom Bundeskartellamt verfügte Senkung der Wassertarife nicht im Kaufpreis widerspiegelt. Der Linken-Fraktionschef Udo Wolf kündigte eine „eingehende Prüfung und Diskussion“ des Vertragswerks für den Rückkauf an. Erst dann lasse sich der Kaufpreis seriös bewerten. Die Finanzverwaltung habe im Zuge der Verhandlungen Berechnungen des Ertragswerts der Wasserbetriebe angestellt, sagte Nußbaum. Dies sei das übliche Verfahren. Es seien mehrere Szenarien mit unterschiedlichen Gewinnerwartungen für die Zukunft angestellt worden.

Nach Darstellung des Finanzsenators ist RWE mit einer Preisforderung von rund 900 Millionen Euro eingestiegen. Am Ende sei jeder Kaufpreis immer das Verhandlungsergebnis zwischen zwei Vertragsparteien mit unterschiedlichen Interessen. „Ich kann das Ergebnis wirtschaftlich vertreten.“ Er erklärte dann, warum ein Preis unter 618 Millionen Euro nicht erzielbar gewesen sei: Erstens stehe RWE die Rückzahlung eines Eigenkapitaldarlehens für die Wasserbetriebe in Höhe von 469 Millionen Euro zu. Außerdem beansprucht der private Gesellschafter einen Nachteilsausgleich für entgangene Rendite in Höhe von 170 Millionen Euro. Diese Forderung resultiert noch aus einer Änderung der Teilprivatisierungsverträge von 1999, die aus verfassungsrechtlichen Gründen geändert werden mussten. Das Land Berlin hatte im Streit um dieses Geld offenbar falsch kalkuliert. In einem seit zwei Jahren anhängigen Schiedsverfahren, das in Kürze beendet wird, haben die privaten Anteilseigner die besseren Karten.

Wie auch immer man den Kaufpreis bewertet: Er wird nicht aus dem Landeshaushalt finanziert, sondern über ein ausgelagertes Kreditgeschäft. Mit einer Laufzeit von 30 Jahren, bei einem äußerst günstigen Zinssatz zwischen 2,6 und 3 Prozent, sagte Nußbaum. Das Darlehen wird aus dem Gewinnanteil abbezahlt, der bisher RWE zustand. Die vom Bundeskartellamt verfügte, wenn auch noch nicht rechtskräftige Senkung der Trinkwasserpreise im laufenden Jahr um 18 Prozent und zwischen 2013 und 2015 um 17 Prozent ist bereits eingerechnet. Ab 2016 geht die Kalkulation von einem durchschnittlichen Anstieg der Wasserpreise bis 2030 von jährlich ein bis zwei Prozent aus. Also eher unterhalb der allgemeinen Teuerungsrate.

Bis Ende 2012 sind RWE und Senat an den Vertrag gebunden, der am Donnerstag komplett im Internet veröffentlicht wird. Wenn das Abgeordnetenhaus bis zum 31. Dezember nicht zustimmen sollte, haben beide Seiten ein Kündigungsrecht. Die SPD-Fraktion hatte dem Rückkauf vor der Sommerpause grundsätzlich zugestimmt. Auf Empfehlung ihrer Arbeitsgruppe „Daseinsvorsorge“. Für die CDU-Fraktion bleibt es dabei, dass es eine Rekommunalisierung ohne Senkung der Wasserpreise nicht geben wird. „Im Portemonnaie der Bürger muss eine spürbare Entlastung ankommen“, erklärte der CDU-Fraktionschef Florian Graf. Grüne und Linke fordern ebenfalls eine deutliche Senkung der Tarife.

Mit dem zweiten Investor, dem französischen Konzern Veolia, verhandelt Finanzsenator Nußbaum jetzt auch über einen Rückkauf des Gesellschafteranteils. Die Initiative zu den Gesprächen ging von dem privaten Unternehmen aus.

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