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Berlin: Erzbistum will Kitas schließen und das Petruswerk verkaufen

Generalvikar Wehr kündigt weitere radikale Sparmaßnahmen an – und wird vom Diözesanrat für die mangelnde Informationspolitik der Kirche kritisiert

Das Erzbistum Berlin erwägt offenbar, Kitas zu schließen. „Die 78 Kitas ziehen den Gemeinden Finanzkraft ab“, sagte der Generalvikar der katholischen Kirche Berlin, Peter Wehr, auf der Vollversammlung des Diözesanrates am Sonnabend in Berlin. Wenn die Gemeinden im Zuge der Sparmaßnahmen fusionieren, müsse ein Pfarrer künftig mehrere Kitas betreuen. „Da muss man überlegen, ob die Zahl von 78 Kitas adäquat ist“, sagte Wehr. Die Gemeindefusion soll bis Ende Juni 2004 vollzogen sein. Die Schulen bezeichnete Wehr als „großen Risikobereich, über den nachgedacht werden müsse“. Auf der Tagung wurde ebenfalls bekannt, dass die Kirche die defizitäre Immobiliengesellschaft Petruswerk mitsamt der dazugehörigen Immoblienwerte verkaufen will.

Die Unternehmensberatung McKinsey habe dem Bistum den „Verkauf aller noch vorhandenen Vermögensgegenstände“ bis zum 1. Juli 2003 als „dringend erforderlich“ empfohlen, berichtet der „Spiegel“ in seiner neuesten Ausgabe. Um den Schuldenberg des Bistums in Höhe von 148 Millionen Euro abzubauen, habe McKinsey zum Verkauf aller „nichtkirchlich genutzten Mietgebäude im Gesamtwert von 103 Millionen Euro geraten. Die Hälfte der übrigen Kirchenimmobilien solle nicht weiter bewirtschaftet werden. Dem Bericht zufolge erwäge die Kirche sogar, die Katholischen Akademie und die Fachhochschule zu schließen. Auch die Theologisch-Pädagogischen Akademie und das Priesterseminar stünden zur Disposition.

„Es steht im Moment nichts zur Disposition“, entgegnete Generalvikar Wehr auf den „Spiegel“-Bericht. Alle seien sich bewusst, dass die Katholische Akademie weit über die Stadt Berlin hinaus für die katholische Kirche wichtig sei. „Aber man muss ja nicht überall Eigentümer der Immoblien sein.“ Als völlig ausgeschlossen bezeichnete Diözesanratsvorsitzender Hans-Jürgen van Schewick das Gerücht von der Schließung der Fachhochschule. Vielmehr gebe es Pläne, die Theologisch-Pädagogische Akademie in die Fachhochschule zu integrieren.

Die Mitglieder des Diözesanrates griffen den Generalvikar auf der Versammlung heftig an. Kritisiert wurde, dass das Bistum die Gemeinden über die geplanten finanziellen Einschnitte im Unklaren lasse und nach wie vor nicht geklärt sei, wie es zu den hohen Schulden habe kommen können.

Van Schewick bezweifelte auch, dass der so genannte Steuerungskreis im Bistum, der die Sparmaßnahmen beschließen soll, effizient arbeite. „Unter den 20 Leuten im Steuerungskreis sind auch die, die für die Misere verantwortlich sind“, sagte van Schewick. „Ist das der Weg, wie man aus der Krise herauskommt?“ Außerdem sei die Zusammensetzung des Gremiums nicht transparent, keiner wisse, wer wen berufen habe. Van Schewick gehört der Steuerungsgruppe als Diözesanratsvorsitzender und somit als Vertreter der Laien an.

Schuld an der Krise ist seiner Meinung nach auch das Gremienwirrwarr im Berliner Bistum. Um finanziellen Katastrophen in Zukunft zu vermeiden, brauche es eine durchsichtigere und effizientere Verteilung der Finanzzuständigkeit. Als Vorbild nannte er die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Sie habe einen Finanzausschuss, der sich alle zwei Wochen treffe. „Nur so, durch harte Arbeit, können wir die Finanzen dauerhaft in den Griff bekommen, nicht durch Feiertagsarbeit.“

Am Montag will Kardinal Georg Sterzinsky der Bischofskonferenz auf ihrer Tagung in Freising einen detaillierten Sanierungsplan vorlegen und sie um finanzielle Unterstützung bitten.

Claudia Keller

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