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Berlin: Es begann mit einer Spende von Parteifreunden ...

Hätte jemand Anfang vergangenen Jahres den Sturz des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU), seines machtvollen Parteifreundes Klaus Landowsky und den Bruch der Großen Koalition prophezeit, wäre er zumindest in CDU-Kreisen für verrückt erklärt worden. Doch mit einem Zeitungsbericht vom 9.

Von Sabine Beikler

Hätte jemand Anfang vergangenen Jahres den Sturz des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU), seines machtvollen Parteifreundes Klaus Landowsky und den Bruch der Großen Koalition prophezeit, wäre er zumindest in CDU-Kreisen für verrückt erklärt worden. Doch mit einem Zeitungsbericht vom 9. Februar begann die "Götterdämmerung" und in Folge ein Jahr, in dem die Berliner Landespolitik wie nie zuvor die Republik in Atem gehalten hatte.

Am 8. Februar vergangenen Jahres bestätigte Landowsky, damals CDU-Fraktionschef und Bankchef der Bankgesellschafts-Tochter Berlin Hyp, 1995 in seinem Büro eine 40 000-DM-Barspende von Aubis-Geschäftsführer Klaus Wienhold entgegengenommen zu haben. Dieses Geld stammte von Wienhold und seinem Geschäftspartner Christian Neuling, beide langjährige CDU-Mitglieder. Der Umgang mit der Spende, die nicht ordnungsgemäß verbucht wurde, verstieß einerseits gegen innerparteiliche Regeln. Andererseits erhielt die Immobilienfirma Aubis seit Mitte der neunziger Jahre Kredite in Höhe von 600 Millionen Mark von der Berlin Hyp. Diese Mischung war politisch hoch brisant.

Klaus Landowsky trat als Bank-Vorstandssprecher zurück. Die Opposition forderte ebenfalls seinen Rücktritt als Fraktionschef, doch die CDU, allen voran Diepgen, konnte sich von Landowsky nicht lösen. Er sehe "keinen Anlass zu Spekulationen um den Fraktionsvorsitz" und stehe "politisch und menschlich" zu Landowksy, sagte Diepgen Ende Februar. Mit diesem Wort trumpfte der damalige CDU-Fraktionschef auf: "Ich bin wieder da. Die Großwildjagd ist abgeblasen, alle Geier können wieder in ihre Horste fliegen."

Doch der Burgfriede wurde nicht wieder hergestellt. Die SPD hielt sich - noch - mit Äußerungen zur Koalition zurück und forderte die CDU auf, die Affäre um die Bankgesellschaft und die Parteispenden zu klären. SPD-Landeschef Peter Strieder gab die Losung für den Umgang mit der CDU aus: Sticheln, nicht zündeln. Doch die Tonart zwischen den Koalitionären wurde schärfer. Landowsky warf Strieder vor, ein "Schmutzfink" und "Hasardeur" zu sein. Der wiederum reagierte mit dem Sprichwort: "Getroffene Hunde bellen." Unterdessen attackierte Klaus Wowereit, damals SPD-Fraktionschef, Eberhard Diepgen. Der CDU-Chef müsse ein Machtwort sprechen. Und: Die SPD werde nicht "uneingeschränkt" auf Koalitionstreue setzen.

Das Duo Wowereit - Strieder drehte das Krisenrad geschickt weiter. Am 7. April führte es einen SPD-Parteitagsbeschluss herbei: Entweder Landowsky geht als Fraktionschef - oder die Koalition platzt. Landowsky ging Mitte Mai, Frank Steffel wurde als Nachfolger inthronisiert. Doch die nächste Hiobsbotschaft folgte: Zur Rettung der Bankgesellschaft musste der Senat aus dem leeren Geldsäckel zwei Milliarden Euro aufbringen. Die Haushaltskrise belastete die Koalition noch mehr. Als sich am Abend des 6. Juni die Spitzen von CDU und SPD zur Krisenklausur zurückzogen, wusste jeder, was kam: Um Mitternacht kündigte die SPD die Koalition mit der CDU auf.

Nach einem rot-grünen Übergangssenat ging die SPD als stärkste Partei aus den Wahlen am 21. Oktober hervor. So recht feiern konnte sie nicht: Zu Rot-Grün reichte es nicht mehr, und die rot-grün-gelben Ampelverhandlungen scheiterten. Hätte nun jemand Anfang vergangenen Jahres eine rot-rote Regierung in Berlin prophezeit, wäre der sicher auch für übergeschnappt erklärt worden ...

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