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Berlin: „Es ging vor allem um Macht“

Trio nach Überfällen zu hohen Haftstrafen verurteilt

Die 18-Jährige gab den Ton an. „Wir reiten ein und machen Kleinholz“, verkündete sie. Zwei Männer im Alter von 27 Jahren, die wie Stefanie E. Kontakte zur rechten Szene hatten, gehorchten aufs Wort. Sie stürmten in die Wohnungen ihrer Opfer, raubten und schlugen brutal zu. Einem Mann wurde die Nase gebrochen, ein anderer mit kochendem Wasser übergossen. Nach fünf Überfällen verhängte das Landgericht gestern hohe Strafen: Christian S. wurde zu acht Jahren Haft verurteilt, Stefanie E. zu einer Jugendstrafe von vier Jahren, Silvio M. erhielt dreieinhalb Jahre.

„Die Opfer haben die Taten nicht einmal angezeigt. Das zeigt, was für ein enormer Schrecken, was für ein Terror verbreitet worden ist“, sagte der Vorsitzende Richter. Es war ein früherer Kumpel der 18-Jährigen, der als Mitglied einer ähnlichen Clique ausgepackt hatte. Er wurde am vergangenen Montag unter anderem wegen Misshandlung eines vermeintlichen Kinderschänders mit einem heißen Bügeleisen zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Stefanie E. hat die Schule in der 11. Klasse abgebrochen. Sie ging zu NPD-Demonstrationen und schlug in ihrer Gruppe einen harten Ton an. Politische Motive spielten bei den Taten aus Sicht des Gerichts jedoch keine Rolle. Bei Stefanie E. als Wortführerin der Raubüberfälle in Lichtenberg und Hohenschönhausen habe auch kein materielles Interesse im Vordergrund gestanden, befanden die Richter. Ihr sei es vor allem darum gegangen, Macht auszuüben. Der Staatsanwalt hatte es zuvor drastischer formuliert: „Die erwachsenen Kerle haben für sie die Drecksarbeit gemacht.“ Zwar hatten alle drei Angeklagten die Übergriffe im Wesentlichen gestanden. Reue aber hätten sie im Prozess nicht gezeigt, sagte der Ankläger.

In allen Fällen wollte das Trio angebliche Schulden eintreiben. Bei einem der Opfer tauchten die Angeklagten zwei Mal auf, bei dem anderen drei Mal. Aus beiden Wohnungen nahmen sie mit, was irgendwie von Wert war. Der wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Christian S. war es, der eines der Opfer mit kochendheißem Wasser folterte. Stefanie E. hatte diesen Mann, von dem sie 150 Euro verlangt hatte, zuvor mit einem Elektroschocker misshandelt. Sie spielte es im Prozess unter Tränen als nur ein „leichtes Zwicken“ herunter.

Kerstin Gehrke

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