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Berlin: Es ist angerichtet

Erst drehen, dann kochen: Vor 1200 Gästen wurde am Samstagabend in der Treptower Arena der Europäische Filmpreis vergeben

Wie schön für einen, wenn der Erfolg fast zur Gewohnheit wird. Michael Haneke jedenfalls, dessen Film „Caché“ bei der gestrigen Verleihung des Europäischen Filmpreises mit vier Ehrungen als Sieger hervorging, nahm die Auszeichnung als bester Regisseur gelassen: „Den gleichen Preis hab’ ich schon in Cannes gekriegt, der sah aber anders aus. Vielen Dank.“ Pech zwar für Juliette Binoche, die als beste Darstellerin von Julia Jentsch als Sophie Scholl ausgestochen wurde, aber insgesamt kann das „Caché“-Team zufrieden sein.

So war der Abend doch noch spannend geworden. Vergeben und vergessen hatten die Gäste alle Durst- und Hungerstrecken, die es während der ersten Stunde in der Treptower Arena immer mal wieder gab. Das war das eigentlich Erstaunliche, drehte sich doch während des ganzen Abends alles ums Essen und Trinken, nahm die Gala zeitweise den Charakter eines nachbarschaftlichen Grillabends an.

Gegen 19 Uhr hatte der Einzug der 1200 Gäste begonnen, darunter Hannelore Elsner und Hanna Schygulla, Detlev Buck, Volker Schlöndorff, Dieter Kosslick und, umdrängt und blitzlichtumflackert, Sir Sean Connery, der im Laufe des Abends den Preis für sein Lebenswerk erhielt. In der Mitte des abgetrennten Vorraums war eine Garküche aufgebaut, dort kochte und servierte die Prominenz der Europäischen Filmakademie ihren Gästen. Wim Wenders schnitt die Salami, Pepe Danquart erwies sich mit dem Küchenmesser als sehr geschickt und zerschnippelte Gemüse. Heino Ferch, später der Moderator des Abends, streute Käse auf Pizzateig, und Dieter Kosslick überwachte fachmännisch die Kochtöpfe. Eine Filmgemeinde, verschiedene Geschmäcker – das sollte die Gemeinschaftsküche wohl symbolisieren.

Die letzte Verleihung des Europäischen Filmpreises in Berlin vor zwei Jahren fand genau zu Nikolaus statt, unvergessen die rote Zipfelmütze, mit der Nik Powell, damals Chairman der Akademie, den Abend verschönte. Diesmal hatte Yves Marmion dieses Amt inne, als Enttertainer leider kein Talent wie Powell, der diesmal in einem über und über mit Eiffeltürmen und Trikoloren bedruckten Anzug erschien – kein modischer Gag, wie er erklärte, sondern eine Hommage an den vor einem halben Jahr gestorbenen französischen Produzenten Humbert Balsan, von dem die europäische Filmgemeinde an diesem Abend noch einmal Abschied nahm.

Ein Abend voller Gefühle schien es zu werden, Freude vor allem, aber auch Melancholie, Trauer. Aber dann wurde es doch erst einmal recht zäh. Gewiss, die Politikerreden, das muss sein, und der Regierende Klaus Wowereit macht derlei ja immer sehr locker. Der neue Kulturstaatsminister Bernd Neumann nahm schon etwas mehr klassische Politikerpose ein, immerhin begrüßte er Sean Connery, der die ersten Bravorufe des Abends erhielt. Heino Ferch immerhin souverän wie schon vor zwei Jahren, vom Englischen ins Französische, ja bis ins Flämische reichte seine Eloquenz. Nur die nun folgende Reise durch das Filmland Europa, als Schnitzeljagd durch die rund 30 mit Nominierungen bedachten Filme, unterbrochen nur durch Wim Wenders’ Witzeleien („Don’t come cooking“) – das zog sich doch in die Länge, ein Mangel im Timing, der auch durch die vielen später noch folgenden Musikeinlagen, eine mit Hanna Schygulla, nicht behoben wurde. Aber das ertrug jeder gerne, wenn er dann miterleben durfte, wie gerührt Julia Jentsch ihren Preis entgegennahm. „It’s great!“

Michael Haneke erhielt für „Caché“ den Preis für die beste Regie, der Film wurde viermal prämiert.

Sandrine Bonnaire war zwar nicht unter den Nominierten, machte aber auch so eine gute Figur in der Arena.

Wim Wenders versuchte mal wieder das Publikum mit Witzeleien zu unterhalten.

(Fotos: dpa,ddp (2))

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