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Berlin: Es kommt zur Stichwahl

Jann Jakobs erhält die meisten Stimmen als Oberbürgermeister-Kandidat – aber nicht genug

Potsdam. Die Wahl des Oberbürgermeisters in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam hatte gestern das allgemein erwartete Ergebnis: Keiner der sieben Kandidaten erhielt die erforderliche absolute Mehrheit, es wird also wie vorausgesagt am 27. Oktober zur Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den besten Ergebnissen kommen. Auch deren n sind alles andere als überraschend: An der Spitze liegt Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD), Herausforderer wird Hans-Jürgen Scharfenberg (PDS) sein. Der Oberbürgermeister wird für die kommenden acht Jahre gewählt.

„Das ist ein tolles Ergebnis“, freute sich der SPD-Kandidat, gab aber zu, dass er gehofft hatte, es im ersten Anlauf zu schaffen. Doch angesichts der Kandidatenfülle musste damit gerechnet werden, dass sich die Stimmen aufsplitten würden. Jakobs, der nun in Gesprächen mit CDU, FDP und Grünen um Unterstützung werben will, versicherte: „Ich gehe zuversichtlich in die Stichwahl.“

Die Wahl war notwendig geworden, nachdem Jakobs Amtsvorgänger Matthias Platzeck ins Amt des brandenburgischen Ministerpräsidenten gewechselt war. Wahlberechtigt waren 106 331 Bürger, die Beteiligung lag bei 76,6 Prozent. Nach Auszählung aller 104 Stimmbezirke lag Jakobs bei 45,4 Prozent. Scharfenberg folgte mit 31,2 Prozent. Weit abgeschlagen folgte Wieland Niekisch mit 15,5 Prozent, der dies dennoch als Erfolg verbuchen kann: Vor vier Jahren hatte der CDU-Mann gerade mal zehn Prozent erzielt.

SPD-Kandidat war damals Platzeck gewesen, der für die Sozialdemokraten das Traumergebnis von 63 Prozent einfuhr – ohne Stichwahl. Sein Nachfolger Jakobs ging zwar mit dem Amtsbonus als Oberbürgermeister ins Rennen, wurde auch im Vorfeld von seinem Vorgänger massiv unterstützt. Mancher in der Stadt bezweifelte aber, dass der etwas spröde Verwaltungsfachmann ostfriesischer Herkunft die Landeshauptstadt so wirkungsvoll repräsentieren könne wie Platzeck, der noch von seiner Popularität zehrte, die er als „Deichgraf“ während der Oderflut von 1997 errungen hatte. Dazu war Jakobs kurz vor der Wahl durch Berichte in „Spiegel“ und „Bild“ in Zusammenhang mit einem dubiosen Grundstücksgeschäft gebracht worden. Platzeck und er selbst in seiner früheren Funktion als Aufsichtsratschef der Wohnungsgesellschaft Gewoba haben demnach dem Gewoba-Geschäftsführer Horst Müller zwei Häuser zu „Schnäppchenpreisen“ zugeschanzt – Vorwürfe, die Platzeck und Jakobs zurückweisen.

Der SPD-Kandidat, der aus der Stichwahl aller Wahrscheinlichkeit nach als Sieger hervorgehen dürfte, hatte auch dadurch Stirnrunzeln ausgelöst, dass er erst jetzt von Berlin nach Potsdam umzieht. Mindestens eine Stimme hat ihn das garantiert gekostet: die eigene. Da er erst zum 1.Oktober nach Potsdam zieht, stand seine bisherige Adresse auf dem Wahlzettel. Er konnte also nur in Berlin wählen. Dies sei „zwar blöd", hatte Jakobs noch am Wahltag zugegeben. Die Wohnungssuche habe aber nun mal so lange gedauert. „Ich wollte mich auch nicht dem Vorwurf aussetzen, mich nur pro forma für die Wahl umzumelden."

Auch sein Gegenkandidat Scharfenberg gab sich mit dem Ergebnis zufrieden. Er habe das Ziel erreicht, mit Jakobs in die Stichwahl zu kommen. Ganz haben sich seine Erwartungen aber nicht erfüllt: „Ich habe gehofft, dass wir näher beieinander sind. Das ist mir nicht gelungen.“ Der langjährige Fraktionschef der Sozialisten im Potsdamer Stadtparlament gilt dort als einer der besten Rathauskenner, er war zu DDR-Zeiten Dozent und Parteisekretär an der Babelsberger SED-Akademie für Staat und Recht und ist damit, anders als Jakobs, in Potsdam tief verwurzelt.

Der abgeschlagene CDU-Kandidat Niekisch sah den Grund für sein Ausscheiden in der „Urangst“ der Potsdamer, die PDS könne den Oberbürgermeistersessel erobern. Sie trauten nur der SPD zu, dies zu verhindern, und nähmen dafür sogar einen „schwachen Kandidaten“ Jakobs in Kauf. Eine Wahlempfehlung wollte er noch nicht abgeben. Das müsse die CDU erst prüfen. Niekisch kann nun dem 27. Oktober ganz gelassen entgegen sehen, was für ihn persönlich auch gut ist: Seine Frau erwartet an diesem Tag ein Kind. Andreas Conrad

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