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Berlin: EU-Norm verhindert Feuerwehreinsätze

Weil sie die Abgasvorschriften nicht erfüllen, könnte ab 2008 für 524 Löschwagen ein Fahrverbot verhängt werden

Die Vorstellung ist absurd: Es brennt irgendwo in der Innenstadt, und die Feuerwehr darf wegen der Abgasnormen nicht löschen. Genau dieses Problem kann 2008 entstehen, wenn der Senat, wie geplant, für das Gebiet innerhalb des S-Bahn-Rings ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge verhängt, die nicht der EU-Norm entsprechen. Bei der Feuerwehr wären 524 von 624 Fahrzeugen betroffen. Nur 100 erfüllen die strengen EU-Vorschriften. Ähnlich sieht es bei der Polizei aus, die jetzt sogar 170 neue Fahrzeuge ohne Rußfilter angeschafft hat.

Die Feuerwehr erwartet, dass es für die Einsatzfahrzeuge eine Ausnahmegenehmigung geben wird, wie es die Innenverwaltung bereits angekündigt hat. Doch in der Stadtentwicklungsverwaltung ziert man sich damit noch. „Wir können für die landeseigenen Fahrzeuge doch nicht einfach Ausnahmen zulassen, wenn wir von den privaten Unternehmen den Umstieg zu schadstoffärmeren Fahrzeugen verlangen“, sagte die Sprecherin der Verwaltung, Petra Rohland. Die Stadtentwicklungsverwaltung erwarte, dass die Feuerwehr ihre Fahrzeuge bis 2008 zusätzlich mit Rußfiltern ausstatte, so dass die Normen dann eingehalten werden können.

Eine Umrüstung der betroffenen 524 Fahrzeuge innerhalb von zwei Jahren hält Feuerwehrsprecher Matthias Waligora jedoch für ausgeschlossen. Im Etat des Landes seien dafür keine Mittel vorgesehen. Genauso sieht es laut Innenverwaltung auch bei den Einzelhaushalten von Feuerwehr und Polizei aus. Zudem seien für die meisten der betroffenen Fahrzeuge die Nachrüstsysteme noch gar nicht auf dem Markt. Experten bei der Feuerwehr befürchten außerdem. dass es in Löschfahrzeugen keinen Platz für den Einbau gibt. Und auch neue Fahrzeuge, die die Normen erfüllen, kann sich die Feuerwehr nach Waligoras Angaben nicht in ausreichender Zahl leisten. Der Spardruck der vergangenen Jahre habe bereits dazu geführt, dass der Fahrzeugbestand stark überaltert sei. Zwölf Jahre sollte ein Feuerwehrfahrzeug im Einsatz sein; viele seien jedoch bereits seit 14 oder 16 Jahren unterwegs. Feuerwehrautos sind teuer. Ein Löschfahrzeug kostet etwa 350 000 Euro, ein Notarztwagen 200 000 Euro und ein Rettungswagen 90 000 Euro.

Die rußfilterfreien Fahrzeuge der Polizei dagegen sind ganz neu: Bei der Ausschreibung zu Beginn des Jahres, die VW gewonnen hat, habe es noch keinen Rußfilter für den ausgewählten Touran gegeben, sagte ein VW-Sprecher. Inzwischen bieten die Wolfsburger einen Nachrüstsatz an. Dessen Kosten seien in dem abgeschlossenen Leasingvertrag enthalten, heißt es bei der Polizei. Wann die Fahrzeuge umgerüstet werden, steht noch nicht fest. Zunächst müssen die erst kürzlich erhaltenen, neuen 170 VW-Minivans jedoch wegen anderer Probleme in die Werkstatt: Wie sich bei den ersten Einsatzfahrten der Polizeiwagen herausstellte, treten Funkstörungen auf, sobald die Heizung länger läuft. Nun müsse ein Zusatzteil eingebaut werden, hieß es bei der Polizei.

Der Einzel- und Streifendienst wäre von einem Fahrverbot wohl nicht betroffen. Die 414 Fahrzeuge, die die Abgasnorm nicht erfüllen, sind nach Angaben der Innenverwaltung vorwiegend Gruppenkraftwagen, Wasserwerfer und Gefangenentransporter. Dürften sie nicht mehr in der Innenstadt fahren, hätte die Polizei aber ein Problem bei Demonstrationen. Auch 17 Fahrzeuge des Justizvollzugs dürften nicht mehr ins Zentrum; nur sieben erfüllen die Schadstoffnorm.

Mittelfristig will der Senat den landeseigenen Fuhrpark auf Erdgasfahrzeuge umstellen oder nur noch Autos kaufen, die den bestmöglichen Abgasstandard erfüllen. Die Stadtreinigung setzt bereits 50 Erdgas-Müllsammelfahrzeuge ein. Die BVG startet einen neuen Versuch mit Erdgasantrieb bei den Bussen. Und auch die Deutsche Post hat vor kurzem 15 Erdgasfahrzeuge in Betrieb genommen. Denn für die privaten Unternehmen soll es grundsätzlich keine Ausnahmen von einem Fahrverbot geben.

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