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Berlin: Euro: Euro, ärgere mich nicht

Die Berliner drehen ihr Geld jetzt zweimal um. Nicht, dass sie plötzlich sparsamer geworden wären - sie müssen sich an die neuen Münzen und Scheine erst gewöhnen.

Die Berliner drehen ihr Geld jetzt zweimal um. Nicht, dass sie plötzlich sparsamer geworden wären - sie müssen sich an die neuen Münzen und Scheine erst gewöhnen. Meist klappt es mit dem Geld abheben und bezahlen ohne Probleme, kleine Euro-Ärgernisse gibt es dennoch. Hier nun, nach knapp einer Woche Euro, eine kleine persönliche Bilanz dieser Zeit des Wechselgelds.

Zum Thema Online Spezial: Euro - Das neue Geld ist da! In Penny-Supermärkten können Kunden mit Mark oder Euro zahlen - so steht es auf den gedruckten Plakaten in den Schaufenstern. In der Filiale Stefanstraße in Moabit gelten andere Regeln. Am Sonnabend wurde man an der Kasse von einem handgeschriebenen Schild überrascht: 100-DM-Scheine werden erst ab einem Einkauf von 60 DM akzeptiert. Zu viele hatten wohl versucht, den Laden als Wechselstube zu missbrauchen. Die Folge: schimpfende Kunden, endlose Diskussionen mit den Kassiererinnen. -ry

Beim Einkaufen fühlt man sich plötzlich so entfremdet. Wo sind sie, die lieb gewonnenen 1,99-Preise, bei denen man das beruhigende Gefühl hatte, gerade wieder ein tolles Schnäppchen gemacht zu haben? Stattdessen Beträge wie aus DDR-Zeiten: 2,47 Euro, 0,26 Euro - wie klingt denn das? Andererseits beflügelt einen auf diese Weise beim Shoppingbummel das Gefühl, im Urlaub zu sein: verreist, mitten in Berlin. kög

Wer die Tiefgarage der Katholischen Akademie im Eckgebäude Chausseestraße / Hannoversche Straße benutzen will - beispielsweise weil er beim Neuen Berliner Kunstverein Bilder ausleihen möchte, zu einer der Firmen oder Anwaltspraxen im Haus will oder zum Bischöflichen Ordinariat - sollte D-Mark-Nostalgiker sein. Der Automat schluckt nur Mark und Pfennig. Und kein Schild an der Schranke oder wenigstens am Automaten klärt auf, dass im katholischen Hause die Euro-Zeit noch nicht angebrochen ist. Immerhin: Wer an der Ausfahrt den Alarmknopf findet, erfährt, er dürfe noch einmal aussteigen und das Ticket am Schalter des Tagungszentrums der Katholischen Akademie zahlen. Nun muss man also nur noch schnell das Tiefgaragen-Labyrinth hinter sich lassen, mit irgendeinem Aufzug in irgendeinem Nebenflur emporfahren und darf schon ganze 7 Mark berappen, weil mittlerweile die erste Stunde Parkzeit (3,50 Mark) gerade abgelaufen ist. Wer die freundliche Dame am Schalter vorsichtig fragt, wann der Automat denn umgestellt werde, hört die tröstliche Botschaft: "Kommt schon noch, junge Frau. Geht eben nicht alles so schnell, wie Sie sich das wünschen!" lei

Wer sich in der "Trattoria" am Kollwitzplatz für Italienisches entscheidet, entdeckt auf der handgeschriebenen Speisekarte zünftige Preise. "Sind das Euro?", fragte ein argwöhnisch gewordener Gast am Wochenende die Bedienung nach einem Blick in die Getränkekarte. "Ich glaube schon", antwortete die, kam kurz darauf wieder und korrigierte, nein, es handle sich doch um D-Mark. Die Speisekarte aber sei wohl schon umgestellt. Später stellte sich heraus: Auch hier standen noch D-Mark-Preise drin. lei

Ihnen bereitet der Euro wohl am meisten Ärger: die Mitarbeiter von Banken und Postfilialen. Da stehen die Leute stundenlang in der Schlange, um dann am Tresen minutiös jede Münze zu begutachten: Wie viel Euro bekomme ich denn nun genau für meine Mark? Wer dringende Bankgeschäfte zu erledigen hat, tritt derweil unruhig von einem Fuß auf den anderen. Wie oft muss man den Leuten denn noch sagen, dass sie ihr altes Geld noch bis 28. Februar in Läden und danach noch bis in alle Ewigkeit bei der Landeszentralbank umtauschen können? kög

Nach der Arbeit schnell noch ein Abendbrot improvisieren. Ruccola-Salat, Tomaten, Aufback-Brötchen - und Käsevariationen. An der Theke vom Minimal-Markt an der Potsdamer Straße gibt es eine nette Auswahl. Nur beim Blick aufs Preisschildchen vergeht einem der Appetit. Roquefort, 100 Gramm, 2,30. Nicht Mark, Euro. Vor der Währungsumstellung war das um einiges billiger. kög

Die S-Bahn will vom Euro noch nicht viel wissen - zumindest nicht auf dem Bahnhof Potsdamer Platz. Wer dort mit dem neuen Geld einen Fahrschein kaufen wollte, hatte am Wochenende Pech. Die extra zur Geldumstellung beschafften hypermodernen Automaten auf den Bahnsteigen waren allesamt defekt. Nur die alten Mark-Automaten funktionierten. Sie werden spätestens am 28. Februar umgestellt. Mit der Mark-Zahlung macht die S-Bahn sogar ein kleines Geschäft, denn die Euro-Preise der Verkehrsunternehmen wurden alle abgerundet, was den Fahrscheinkauf mit Euro billiger macht. Auf den U-Bahnhöfen der BVG ist es umgekehrt. Dort gibt es nur noch Euro-Automaten. Hier haben die Noch-Mark-Besitzer Pech. Und die 400 Sonderverkäufer, die weiter Mark und Pfennige annahmen, waren nur bis gestern unterwegs. Gemeinsam ist allen neuen Eurogeräten, dass sie keine 20-Cent-Münzen nehmen. Die ausgegebenen Stücke unterscheiden sich von den für die Einstellung der Geräte verwendeten Testmünzen so stark, dass die Automaten jetzt noch einmal umgerüstet werden müssen.

kt

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