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Berlin: Europa-Center wäre beinahe evakuiert worden

Ein falscher Bombenalarm hätte beinahe eine der größten Evakuierungsaktionen in der Nachkriegsgeschichte Berlins ausgelöst. Wie erst jetzt bekannt wurde, erhielten die Sicherheitsbehörden am 9.

Von Frank Jansen

Ein falscher Bombenalarm hätte beinahe eine der größten Evakuierungsaktionen in der Nachkriegsgeschichte Berlins ausgelöst. Wie erst jetzt bekannt wurde, erhielten die Sicherheitsbehörden am 9. Oktober eine telefonische Warnung, auf das Europa-Center werde am nächsten Tag ein Sprengstoffanschlag verübt. Die Behörden befanden sich zwei Tage nach Beginn der amerikanischen Bombardierung Afghanistans in erhöhter Alarmbereitschaft und nahmen den Hinweis sehr ernst. Nicht nur in Berlin, sondern im ganzen Bundesgebiet wurden Racheaktionen militanter Islamisten und anderer Extremisten befürchtet. Außerdem hatte der Anrufer den vermeintlichen Attentäter als Sprengstoffexperten beschrieben, so dass den Angaben erheblich mehr Bedeutung beigemessen wurde als den üblichen Drohungen von Trittbrettfahrern.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) soll am Vormittag des 10. Oktober die Räumung des Centers im Herzen der West-Berliner City erwogen haben. Der Aufwand wäre gewaltig gewesen: In dem Geschäfts- und Bürokomplex halten sich tagsüber mehrere tausend Berliner und Touristen auf. Bei ihren fieberhaften Recherchen kamen den Sicherheitsbehörden jedoch Zweifel, dass der Anrufer die Wahrheit gesagt hatte. Kurz vor Beginn erster Maßnahmen wurde nach intensiver Prüfung der vorliegenden Erkenntnisse darauf verzichtet, das Europa-Center zu evakuieren.

Die Staatsanwaltschaft leitete zur weiteren Aufklärung dennoch Ermittlungen wegen des Verdachts auf Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten ein. Wer hinter dem Hinweis steckt, der die Sicherheitsbehörden derart beunruhigt hat, ist unklar. Nach Informationen des Tagesspiegel soll der ominöse Anrufer einen Verwandten als mutmaßlichen Attentäter denunziert haben. Bei der Überprüfung des fälschlich beschuldigten Mannes stellte sich aber heraus, dass er als Bombenbastler wahrscheinlich nicht in Frage kommt. Zur Identität dieses Mannes gibt es bislang keine Angaben.

In den 22 Stockwerken des Centers zwischen Budapester und Tauentzienstraße befinden sich 100 Geschäfte, ein Hotel, fünf Kinos und das Kabarett "Die Stachelschweine". Auf dem Dach des Hochhauses dreht sich ein 300 Zentner schwerer Mercedes-Stern. Das 1965 vom damaligen Bundesaußenminister Willy Brandt eingeweihte Europa-Center hatte einst für den Westteil Berlins eine besondere Bedeutung: Der Hochhaus-Komplex galt als Symbol des kommerziellen Aufschwungs der eingemauerten Halbstadt.

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