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Europäischer Filmpreis: Warten auf Silber

Im Haus der Festspiele sollte am Samstagabend zum 30. Mal der Europäische Filmpreis vergeben werden – mit Julie Delpy und Wim Wenders.

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Der Himmel über Berlin war grau an jenem 26. November 1988, als im Theater des Westens zum ersten Mal der Europäische Filmpreis vergeben wurde, Beginn einer nun 30-jährigen Tradition und zugleich cineastischer Höhepunkt des Jahres, in dem West-Berlin als europäische Kulturhauptstadt gefeiert wurde. Wer es als gutes meteorologisches Omen angesehen hatte, dass Wim Wenders Film „Der Himmel über Berlin“ auf der Nominierungsliste stand, sah sich getäuscht: „Überwiegend starke Bewölkung, zeitweise auch trübe und gelegentlich Niederschlag, meist nur Sprühregen. Bei mäßigem westlichen Wind höchste Temperatur 8 Grad, Tiefstwert nachts 3 Grad“ – so verhieß es der Wetterbericht des Instituts für Meteorologie der FU – also etwa das gleiche Sauwetter wie am gestrigen Sonnabend, als mal wieder der Europäische Filmpreis, diesmal im Haus der Festspiele in der Wilmersdorfer Schaperstraße, verliehen werden sollte.

Die ungemütliche Nässe dürfte Wim Wenders einerlei gewesen sein, besonders nach der Gala, hatte er doch für seinen Berlin-Film den Preis für die beste Regie ergattert. Und in Curt Bois war auch gleich noch einer seiner Darsteller für die beste Nebenrolle geehrt worden.

Fotos mit prominenten Gästen der Gala zum 30. Europäischen Filmpreis stehen im Haus der Berliner Festspiele an den vorgesehenen Plätzen im Saal.
Fotos mit prominenten Gästen der Gala zum 30. Europäischen Filmpreis stehen im Haus der Berliner Festspiele an den vorgesehenen Plätzen im Saal.

© dpa

Doch trotz der, bei der Ankunft auf der Kantstraße fröstelnden, Gäste der Gala – politisch ahnte man das heraufziehende Tauwetter. Der Eiserne Vorhang begann sich langsam zu öffnen, auch die Sowjetunion und andere sozialistische Staaten waren mit Filmen vertreten. Als bester Film wurde Krzysztof Kieslowskis „Ein kurzer Film über das Töten“, eine deutsch-polnische Koproduktion, gekürt, auch die beiden sowjetischen Filme „Aschuk-Kerib“ und „Tage der Finsternis“ wurden ausgezeichnet, für die beste Ausstattung der eine, für die „originelle“Musik“ der andere.

In zwölf Kategorien wurde der Preis damals vergeben – eine bemerkenswerte Bescheidenheit, hält man die Preisfülle dagegen, die am Samstagabend – nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe – auf die europäischen Filmschaffenden herniederregnen sollte. Mittlerweile gibt es 22 Kategorien, wobei einige Preisträger schon vor Wochen bekannt gegeben wurden. Auch für Julie Delpy kommt die Ehrung für ihre Verdienste um das Weltkino nicht überraschend.

Die sich darin andeutende Preisinflation ist auch an ähnlichen Veranstaltungen nachweisbar, man nehme nur den Oscar. Bei der ersten Verleihung im Jahr 1929 wurde der Goldjunge nur 13 Mal überreicht, 2017 waren es bereits 24 Auszeichnungen, die die Academy of Motion Picture Arts and Sciences vergab.

Der Deutsche Filmpreis startete 1951 mit nur zehn Auszeichnungen, gleich drei gingen an „Das doppelte Lottchen“, für den besten abendfüllenden Spielfilm, Erich Kästner als besten Drehbuchautor und Erich von Baky als besten Regisseur. Übrigens ein bewährtes Team: Erich von Baky hatte 1943 „Münchhausen“ gedreht, Kästner das Drehbuch geschrieben, als offiziell verpönter Autor, allerdings unter Pseudonym, und sogar das musste im Abspann fehlen. Zuletzt hat es der zur Lola gereifte Deutsche Filmpreis sogar auf 18 Kategorien gebracht, wobei es für den besten Spielfilm gleich drei Unterkategorien gibt – Gold, Silber und Bronze, wie bei den Olympischen Spielen.

Wenn der Europäische Filmpreis also quantitativ noch nicht an den Oscar heranreicht: Ein langer Abend würde es werden, das stand fest. Bereits ab 17 Uhr war ein Internet-Livestream vom roten Teppich angekündigt, der sich ab 19 Uhr im Haus der Festspiele mit der Verleihung der Silberfigur festsetzen würde – immer nach dem Motto „And the winner is...“

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