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Berlin: Europäischer Führungsstil für Manager von morgen Die Elite-Hochschule der Wirtschaft ist gegründet. Private Stifter verzichten auf Landeshilfen

Wo früher das „Banner der Arbeit“ verliehen wurde, gründete sich gestern die private European School of Management and Technology (ESMT). Schon im März nächsten Jahres sollen im ehemaligen Staatsratsgebäude ein- bis fünftägige Fortbildungsseminare für Manager stattfinden.

Wo früher das „Banner der Arbeit“ verliehen wurde, gründete sich gestern die private European School of Management and Technology (ESMT). Schon im März nächsten Jahres sollen im ehemaligen Staatsratsgebäude ein- bis fünftägige Fortbildungsseminare für Manager stattfinden. Der reguläre Studienbetrieb mit jährlich 200 bis 300 Studenten und bis zu 3500 Teilnehmern an Seminaren und Tagungen soll Ende 2004 beginnen. Internationaler Managernachwuchs kann sich dann für 6000 Euro in Fünftage-Seminaren oder für 50000 Euro im Jahr in den „europäischen Führungsstil“ einweisen lassen.

Die Vorstandsvorsitzenden der wichtigsten deutschen Konzerne, der Dekan der neuen Hochschule und der Regierende Bürgermeister von Berlin befeuerten sich gegenseitig in dem hohen Anspruch, die Wissenschaftslandschaft Berlins mit einer Managerschule zu bereichern, die „den Vergleich mit der Harvard-Business-School“ nicht scheuen müsse. Und sie setzten alles daran, die Zweifel zu zerstreuen, die in den vergangenen Tagen an der Finanzierung und am inhaltlichen Konzept der Schule aufgekommen waren.

Gründungsdekan Derek Abell nannte das Startkapital von 100 Millionen Euro, das die Wirtschaft zur Verfügung stellt und zu dem noch 10 Millionen fehlen, eine „unvergleichliche Summe“. Keine andere Privatuni habe eine so komfortable Ausgangsbasis gehabt. Auch die fehlenden 25 Millionen Euro für die Gebäudesanierung bereiteten keine Probleme mehr. „Wir haben bei diesem Thema noch einige Aufgaben zu bewältigen“, sagte der Koordinator der Gründungsinitiative und Aufsichtsratschef von Thyssen-Krupp, Gerhard Cromme. „Aber wir sind zuversichtlich, eine Lösung zu finden, ohne dabei finanzielle Forderungen an den Senat zu richten.“ Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit teilte die Zuversicht – im Bewusstsein, dass die Entscheidung für Berlin als Sitz der Elitehochschule „nicht allen leicht gefallen ist“. Als Wowereit von Gemeinsamkeiten zwischen Karl Marx und der ESMT sprach, „in beiden Fällen geht es um politische Ökonomie“, wollte niemand lachen.

Die Stifter dankten dem Land Berlin artig und dem Bayerischen Ministerpräsidenten überschwänglich – für die „außerordentlich großzügige Hilfe bei der Standortfrage in München“. Cromme wurde nicht müde zu betonen, dass man auch von Berlin hätte erwarten können, nicht nur ein Gebäude zur Verfügung gestellt zu bekommen, sondern „eines, das auch funktioniert“. Um kreditwürdig zu sein, brauche die Stiftung eine „dingliche Absicherung“, sagte Cromme und spielte auf den Erbbaurechtsvertrag an.

Freude kam auf, als Wowereit ankündigte, dass der staatlichen Anerkennung der Abschlüsse nichts mehr im Wege stehe; das Hochschulrahmengesetz werde entsprechend verändert. Mit den Präsidenten der Berliner Universitäten sei man bereits wegen Kooperationen im Gespräch. Nach Auskunft des Tagesspiegel bemüht sich etwa das TU-Institut für Technologie und Management darum, den Eliteschülern den Schwerpunkt „Technologie- und wissensbasierte Unternehmensführung“ anzubieten. Bisher können diesen Studiengang nur ESMT-Studenten in der Münchener Dependance der Hochschule belegen.

Internationale Führungskräfte aus dem mittleren Management will die Schule anziehen. Denn die haben nach Ansicht von Derek Abell besonders in Deutschland Nachholbedarf. Ihnen wird beigebracht, langfristig zu planen und über den eigenen Tellerrand hinauszusehen. In vielen Unternehmen versteht der Entwickler nicht, was der Controller will und umgekehrt, brachte es ein Vorstandschef auf den Punkt. In sechs „Kompetenzzentren“ soll ein neuer „europäischer Führungsstil“ entwickelt werden. „Hier haben uns Ost- und Mitteleuropa mit ihren starken Kultur- und Herrschaftstraditionen viel zu bieten“, sagt Abell. „Dazu gehören harte Arbeit, Disziplin und Präzision“.

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