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Die diesjährige Losung des Kirchentags ist wörtlich gemeint: Jeder soll gesehen werden.

© Paul Zinken/dpa

Evangelischer Kirchentag in Berlin: Vorgestelltes Programm des Kirchentags polarisiert

Der diesjährige Kirchentag möchte niemanden ausschließen, auch eine AfD-Politikerin ist eingeladen. Die Veranstalter werden dafür kritisiert.

Von Sandra Dassler

„Es ist nicht sehr christlich zu sagen, mit bestimmten Menschen reden wir nicht“ – schon dieser Satz von Christina Aus der Au machte klar, dass der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag mit Sicherheit nicht langweilig wird. Im Gegenteil: Das Treffen vom 24. bis 28. Mai dieses Jahres in Berlin und Wittenberg, zu dem weit über hunderttausend Dauerteilnehmer erwartet werden, verspricht viel Spannung. Wohl auch, weil 500 Jahre, nachdem Martin Luther in Wittenberg die Reformation einleitete, evangelische Christen mitten in den weltlichen Auseinandersetzungen stehen. So wies Kirchentagspräsidentin Aus der Au am Dienstag bei der Vorstellung des Programms den Vorwurf zurück, mit der Einladung einer AfD-Politikerin mache der Kirchentag die Rechtspopulisten hoffähig.

Auch die AfD ist eingeladen

Konkret geht es um eine Podiumsdiskussion mit dem Berliner Landesbischof Markus Dröge, der Rechtsanwältin Liane Bednarz und der Vorsitzenden der Organisation „Christen in der AfD“, Anette Schultner. Man habe sich im Gegensatz zum Katholikentag in Leipzig entschlossen, die AfD nicht auszuladen, argumentierten die Veranstalter, auch wenn man sie kritisch sehe und keine menschenverachtenden Äußerungen zulassen werde.

Das Motto des Kirchentags „Du siehst mich“ bedeute, dass man andere wahrnehme, sagte Aus der Au: „Wir werden einander zuhören in reformatorischer Gelassenheit und miteinander streiten mit protestantischem Selbstverständnis.“ Zu den 2100 Veranstaltungen gehören auch ein Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Frage „Was oder wer hält die Gesellschaft zusammen?“ und eine Diskussion mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und dem Kairoer Scheich Ahmad Mohammad al-Tayyep.

Es wird politisch

Neben Bibelarbeiten, Gottesdiensten und allein 400 Konzerten gehe es in den politischen und gesellschaftlichen Foren unter anderem um die Zukunft Europas und speziell die Entwicklung in osteuropäischen Ländern wie Polen, Ungarn, der Ukraine und Russland, sagte Kirchentags-Generalsekretärin Ellen Ueberschaer: „Es gibt Alternativen zum Dialog, zum Frieden und zur Ökumene, aber die sind zerstörerisch und menschenverachtend.“

Markus Dröge lobte als Bischof der gastgebenden Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz das Engagement vieler Gemeinden und die Unterstützung der Berliner Landesregierung. „Ich freue mich besonders auf das Zentrum Berlin.Zukunft.Kirche auf dem Alexanderplatz unter dem Fernsehturm, aber auch auf den Markt der Innovationen und den Markt der Köstlichkeiten“, sagte er und kündigte an, dass der Erlös von Kirchentags-Kollekten für zwei Projekte bestimmt sei, die Flüchtlinge vor dem Ertrinken im Mittelmeer bewahren wollen. Außerdem werde es während des Kirchentags am Freitagmittag um zwölf Uhr eine Schweigeminute für die Toten an den europäischen Außengrenzen geben.

Der große Abschlussgottesdienst findet dann allerdings nicht in Berlin statt – wo übrigens noch Betten für die Kirchentagsgäste gesucht werden – sondern in Wittenberg. Ein Gerücht, dass dort auf den Elbwiesen Michelle Obama reden werde, wollten die Veranstalter weder bestätigen noch dementieren. Es werde sich aber lohnen, nach Wittenberg zu kommen, hieß es.

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