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Harald Ehlert, früherer Chef der Treberhilfe.

© dpa

Ex-Treberhilfechef Harald Ehlert: „Ich habe die größte denkbare Niederlage erlebt“

Harald Ehlert, ehemaliger Chef der Treberhilfe, macht sich so seine Gedanken: über sich, die Politik und das Gemeinwohl. Dabei übt er scharfe Kritik am Senat, der den Skandal um ihn "inszeniert" habe.

Jetzt strickt Harald Ehlert an seiner Legende. Am Freitagmittag lud der frühere Chef der insolventen, wegen undurchsichtiger Geschäfte ins Zwielicht geratenen Treberhilfe in ein Café am Steinplatz in Charlottenburg, um nun seine Sicht der Dinge kundzutun. „Ich habe die größte denkbare Niederlage erlebt“, sagte er. Er habe in mehr als 20 Jahren Aufbauarbeit die Sozialwirtschaft gegenüber dem Staat mit einer Transparenzoffensive emanzipieren wollen. „Sie ist nicht nur moralisch wertvoll, sondern wirtschaftlich auch für den Steuerzahler gut.“ Er sei aber gescheitert, sagte Ehlert.

Hier verteidigte sich nicht der frühere Geschäftsführer und Noch-Gesellschafter der Treberhilfe, der deren Niedergang ausgelöst hatte, weil er sich einen Maserati als Dienstwagen hielt. Hier verteidigte sich ein Mann, der sich als Vorkämpfer für Sozialdienstleister sieht. „Mir geht es um die sozialpolitische Aussage.“

Er habe auf Bezüge in sechsstelliger Höhe verzichtet und bürge als Gesellschafter für 3,2 Millionen Euro – diese persönliche Situation könne er noch ertragen, „wenn die Lage jetzt nicht so gefährlich“ für die Sozialwirtschaft wäre. „Die gesamte Infrastruktur in Berlin ist in- frage gestellt, freie Sozialträger sind vogelfrei.“ Die „innere Stabilität der Stadt“ sei in Gefahr, es gebe keine Investitionssicherheit für die Sozialwirtschaft mehr.

Dem Senat warf er vor, nach einem inszenierten Skandal „Unternehmensvernichtung als Mittel der Sozialpolitik salonfähig zu machen“. Mit der Kündigung der Verträge im Mai habe der Senat ein kerngesundes Sozialunternehmen zunichte gemacht. Zumal das Landessozialgericht im September entschied, dass das Land die Verträge zumindest bis zum Jahresende zu erfüllen habe „Wenn es möglich ist, rechtswidrig einem Sozialunternehmen die Rechnungen nicht mehr zu zahlen, kann weder von Emanzipation noch von einem rechtmäßigen Umgang die Rede sein“. Allein 2,2 Millionen Euro schulde das Land Berlin der Treberhilfe noch. „Was dieses Verhalten mit meinem Lebenswandel und meinem Dienstwagen zu tun hat, bleibt mir ein Rätsel.“

Das Verhalten der Senatssozialverwaltung müsse juristisch, aber auch politisch untersucht werden, insbesondere von Senator Mario Czaja (CDU), forderte Harald Ehlert, der auch Fehler einräumte. Den Maserati hätte er früher abgeben sollen, auch hätte er offensiver an die Öffentlichkeit gehen sollen. „Wäre ich Geschäftsführer geblieben, hätte es keine Insolvenz gegeben.“

Ehlert hatte die Betreuung von Wohnungslosen und Jugendlichen zu einem gut laufenden Geschäft ausgebaut – kassierte üppig, leistete sich zwei teure Dienstwagen und eine günstige Wohnung in einer firmeneigenen Villa mit Seeblick in Caputh. Deren Verkauf an ihn selbst verteidigte Ehlert als rechtsmäßig und notwendig, um der Treberhilfe finanziell zu helfen,

Wie berichtet, ist Anfang des Monats das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Treberhilfe hinterlässt Schulden in Höhe von 4,5 Millionen Euro, davon 1,2 Millionen Euro für nicht gezahlte Löhne und 1,6 Millionen Euro Mietschulden.

Durch die Maserati-Affäre war eine Debatte über die Verwendung öffentlicher Gelder durch soziale Einrichtungen entbrannt. Der frühere rot-rote Senat hatte schließlich im Bundesrat eine Gesetzesänderung durchgebracht, durch die Länder und Kommunen die Verwendung öffentlicher Mittel durch soziale Träger stärker kontrollieren können. Zum 1. Dezember übernahm der Evangelische Diakonieverein Zehlendorf die Gesellschaft und 100 Beschäftigte.

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