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Expertengespräch: Infobox voller Ideen: Zukunft für Tegel gesucht

In der Urania diskutierten Experten über die Nachnutzung des Flughafens. Ab 2012 soll dort ein bedeutender Industriestandort entstehen. Doch die einen fürchten Verwahrlosung, die anderen Verramschung.

Der Flughafen Tegel soll nach der geplanten Schließung im Jahr 2012 zugunsten des neuen Großflughafens in Schönefeld zum bedeutenden Industriestandort werden – darin sind sich Landespolitiker und Wirtschaftsvertreter einig. Doch zur Qualität der Konzepte gibt es unter Experten durchaus verschiedene Meinungen. Das zeigte am Mittwochabend eine Podiumsdiskussion der Urania, die in Zusammenarbeit mit der Architektenkammer Berlin und dem Tagesspiegel stattfand.

„Viele gute Ideen“ unabhängiger Planungsteams seien im Flächennutzungsplan nicht berücksichtigt worden, kritisierte die Stadtforscherin Johanna Schlaack von der Technischen Universität. Das Werkstattverfahren der Stadtentwicklungsverwaltung mit fünf Standortkonferenzen zur Zukunft des Airports erscheine ihr als „verschwendete Energie“, sagte Schlaack, die an der TU das „Planungslabor Flughafenstadt BBI“ leitet. „Der Prozess war gut, aber vom Produkt bin ich nicht überzeugt.“ Um den Standort überregional bekannt zu machen, müsse eine „besondere Atmosphäre geschaffen werden“, die sie in den Plänen vermisse.

Tagesspiegel-Herausgeber Gerd Appenzeller, der die Diskussion moderierte, sprach sich für eine rasche Nachnutzung aus und erinnerte an die „Broken Windows“-Theorie, wonach schon kleine Phänomene wie zerbrochene Fenster eine Verwahrlosung auslösen können. Auch der Reinickendorfer Bau- und Wirtschaftsstadtrat Martin Lambert (CDU) sagte, Leerstand führe zu „Verödung und Vandalismus“. Er teile zwar das Ziel des Senats, Solartechnikfirmen und andere „Zukunftstechnologien“ in Tegel zu konzentrieren, halte die sofortige „Initialzündung“ aber für wichtiger: „Eine Spedition, die sich im Juli 2012 ansiedelt, ist mir lieber als ein Solarunternehmen, auf das ich zehn Jahre warten muss.“ Schließlich werde Reinickendorf mit der Stilllegung des Airports bis zu 15 000 Arbeitsplätze „über Nacht verlieren“.

Dagegen warnte Johanna Schlaack davor, das Gelände zu „verramschen“. Auch Reiner Nagel, Abteilungsleiter für Stadt- und Freiraumplanung in der Stadtentwicklungsverwaltung, will eine „hohe Qualität“ und „kein banales Industrie- und Gewerbegebiet“. Berlin werde das Areal im März bei der Immobilienmesse in Cannes vorstellen, suche aber „keine Spekulanten“, sondern Nutzer aus der Industrie. Reinickendorfer Anwohner und Unternehmer im Publikum forderten, der Airport müsse „sichtbar bleiben“. Nagel stimmte zu: Das einst vom Architekten Meinhard von Gerkan gestaltete Terminal solle zur „Marke“ entwickelt werden, und auch die Start- und Landebahnen würden als Symbol der Luftfahrt in den Industriepark integriert.

Lambert und Nagel lobten die aktuelle Idee des Airport-Architekten, bereits während des Flugbetriebs mit einer roten „Infobox“ für die Nachnutzungsideen zu werben. Außerdem begrüßten alle Redner die Pläne der Weddinger Beuth-Hochschule für Technik, nach der Flughafenschließung ins Terminal zu ziehen. So könne sich „die Entwicklung hochschaukeln“, sagte Nagel. Überhaupt sei die „Nähe zu den Unis und zur Innenstadt“ einer der größten Standortvorteile, auch die TU liege nur acht Kilometer entfernt.

Der Flächennutzungsplan liegt bis zum 21. Februar öffentlich aus: in der Stadtentwicklungsverwaltung (Am Köllnischen Park 3, Mo.–Fr. 8-16 Uhr, Do. bis 18 Uhr) und im Stadtplanungsamt Reinickendorf (Eichborndamm 215–239, Raum 219F, Mo.–Mi. 8–15 Uhr, Do. 13–18 Uhr, Fr. 8–14 Uhr).

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