zum Hauptinhalt

Berlin: Explosion in Berliner Wohnhaus: Als die Zeitungsfrau das Gas roch, war es schon zu spät

Die Gasexplosion im Haus Herderstraße 6, bei der gestern früh neun Menschen teils lebensgefährlich verletzt wurden, ist nach Auskunft der Kriminalpolizei vorsätzlich durch Manipulation an der Gasleitung herbeigeführt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch gegen unbekannt wegen des Verdachts des versuchten Mordes und der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, sagte Staatsanwalt Georg Bauer gestern Nachmittag während einer Pressekonferenz.

Die Gasexplosion im Haus Herderstraße 6, bei der gestern früh neun Menschen teils lebensgefährlich verletzt wurden, ist nach Auskunft der Kriminalpolizei vorsätzlich durch Manipulation an der Gasleitung herbeigeführt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch gegen unbekannt wegen des Verdachts des versuchten Mordes und der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, sagte Staatsanwalt Georg Bauer gestern Nachmittag während einer Pressekonferenz. Was den Verdacht der Kriminalisten weckte, darüber hüllte man sich gestern allerdings in Schweigen. Aber Feuerwehrchef Albrecht Broemme hatte bereits am Morgen am Unglücksort die Äußerung gewagt: "Wenn es eine Gasexplosion gibt, dann kann man aller Erfahrung nach davon ausgehen, dass an der Leitung manipuliert worden ist."

Es war die Zeitungsfrau, die gestern früh an der Herderstraße 6 in Charlottenburg den Gasalarm auslöste. Als sie die Zeitungen in die Briefkästen des altberliner Mietshauses aus der Jahrhundertwende steckte, nahm sie diesen intensiven Gasgeruch wahr. Aber ihre Aufmerksamkeit verhinderte nicht das Unglück: In dem Moment, als die zuerst eingetroffenen Polizeibeamten das Haus betreten wollten, um die Bewohner zu warnen, ereignete sich die Explosion.

Alle fünf Polizisten wurden schwer verletzt. Wie Geschosse umherfliegende Splitter trafen eine 29-jährige Polizeihauptmeisterin im Gesicht und am Oberkörper. Sie wurde gestern Vormittag vier Stunden lang operiert. Die Wucht der Detonation schleuderte sie quer über die Straße gegen ein auf der anderen Seite geparktes Auto, ihr Kollege, ein 32 Jahre alter Polizeiobermeister, flog gegen einen eisernen Begrenzungspoller. Vor allem Splitter einer zerfetzten Holztür und durch die Luft fliegende Glasscherben verletzten die anderen drei Polizisten, unter denen auch der 44 Jahre alte Wachleiter des Polizeiabschnitts 27 an der Bismarckstraße ist. Er sagte nach Auskunft eines Kollegen später: "Ich hatte das Gefühl, als ob Wurfsterne durch die Gegend fliegen."

Die Explosion ereignete sich in dem Augenblick, als die Feuerwehr von der Goethestraße aus in die Herderstraße einbiegen wollte, dies aber nicht Anhieb schaffte, weil falsch geparkte Autos die Zufahrt behinderten. Die schwer verletzte Polizistin rannte blutend den Feuerwehrbeamten entgegen, ihr Kollege lag bewegungsunfähig am Boden. Als die Rettungskräfte dann am Unfallort eintrafen, hörten sie Hilfeschreie aus dem Hinterhaus. Ein 47 Jahre altes Paar war durch eine umgestürzte Wand in ihrer Erdgeschosswohnung eingeklemmt worden. Die Feuerwehr befreite die Verletzten und brachte sie ins Krankenhaus. Die Frau, selbst Ärztin, ist lebensgefährlich verletzt. Sie hat nach Auskunft eines Freundes möglicherweise eine Wirbelsäulenverletzung. Unter den Verletzten ist auch eine 65-jährige Mieterin; eine verletzte 89-jährige Hausbewohnerin wurde von der Feuerwehr aus dem dritten Stock gerettet.

Weiter oben richtete die Druckwelle dann kaum noch Schäden an. Es entstand nach der Explosion ein Brand, der schnell gelöscht werden konnte. Der Sohn des prominenten Rechtsanwalts Reiner Geulen schlief in der Wohnung des Vaters im fünften Obergeschoss und kam mit dem Schrecken davon. Polizei und Feuerwehr atmeten am Nachmittag auf: "Wir hatten Glück, dass nicht mehr Menschen in dem Haus waren."

Die Polizei ermittle in alle Richtungen, hieß es bei der Kripo. Allerdings hatten anonyme Anrufer in den vergangenen Wochen mehrfach den Präsidenten der Tierärztekammer, die in dem Haus ihren Sitz hat, bedroht. Klaus Lüdcke sagte gestern dem Tagesspiegel, dass er im Zusammenhang mit der Diskussion um die Kampfhunde zwei Mal telefonisch mit dem Tod bedroht worden sei. Ein Anrufer drohte ihm nach einem Fernseh-Interview Anfang Juli: "Dich kriegen wir schon!" und ein weitere Anrufer habe ihn mit Erschießen bedroht, nachdem die Tierärztekammer in einer Pressemitteilung die "harte Hand des Staates gegen Kampfhunde" verlangt hatte. Als Höhepunkt der Kampagne gegen seine Einstellung zu Kampfhunden sieht Lüdcke, der gestern Nachmittag von der Kripo vernommen wurde, eine Anzeige in der BZ am Freitag, in der sich 90 Tiermediziner gegen eine Verschärfung der Hundeverordnung aussprechen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false