zum Hauptinhalt
Durch das Waldgebiet zwischen Storkow und Wendisch Rietz führt der sogenannte Knüppelweg. Wenige hundert Meter entfernt davon wurde der Berliner Investmentmanager gefangen gehalten.

© dpa/ Patrick Pleul

Fahndung nach Entführer von Storkow: Im Dickicht des Verbrechens

Bislang sind fast 170 Hinweise zur Entführung des Berliner Geschäftsmanns bei Storkow eingegangen. Die Polizei weist Vorwürfe zurück, dass es nach der Befreiung des Opfers eine Fahndungspanne gab.

Seit fünf Tagen ist der Entführer eines Berliner Investmentunternehmers auf der Flucht – doch eine erfolgversprechende Spur hat die Polizei bislang nicht. Bei der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ... ungelöst“ am Mittwochabend gingen 33 Hinweise ein. Die Kriminalpolizei ist zufrieden mit der Resonanz, alle Hinweise werden nun abgearbeitet. 5,74 Millionen Zuschauer schalteten die Sendung ein. Insgesamt liegen der Polizei jetzt fast als 170 Hinweise vor.

„Zum Kajak sind aber nur wenige eingegangen“, sagte ein Polizeisprecher. Das auffällige Boot, ein seltenes gelb-rotes Modell, war am Sonntag im Röhricht in der Nähe der Schilfinsel gefunden worden, auf der der Geschäftsmann vom Entführer von Freitagabend bis Sonntagfrüh festgehalten worden war. Alles deutet darauf hin, dass der Unbekannte es benutzte. Es fand sich ein neues Seil an dem alten Kajak und ein Klebeband, wie es der Entführer beim Knebeln des Unternehmers verwendet hatte. Die DNA-Spuren vom Boot, aber auch aus der Wohnung des Opfers werden vom Landeskriminalamt (LKA) untersucht, ebenso Fingerabdrücke. „Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. Alles andere ist pure Spekulation“, sagte ein Polizeisprecher. Er widersprach Informationen, wonach es schon feststehe, dass DNA-Spuren aus dem Haus des 51-jährigen Investmentmanagers mit Spuren aus dem Fall Pepper übereinstimmen.

Um den brutalen Entführer des Berliner Geschäftsmannes zu überführen, ziehen die Ermittler auch einen Massengentest in Erwägung. „Das ist die Ultima Ratio, wenn alle Hinweise geprüft wurden. Erst müssen die Ergebnisse für alle DNA- Spuren vorliegen“, sagte ein Sprecher. Eine Reihenuntersuchung würde alle Männer in einem bestimmten Umkreis und im passenden Alter erfassen. Die Polizei geht von einem äußerst gefährlichen Täter aus, der sich in der Gegend bestens auskennt, der akribisch plant und kaltblütig handelt. „Der Mann hat nicht nur eine Waffe, er benutzt sie auch. Und er geht mit entschiedener Entschlossenheit vor“, sagte ein Polizeisprecher.

Möglicherweise hat der Täter eine hochklassige militärische Ausbildung durchlaufen. In dem Gebiet rund um den Tatort gab es zu DDR-Zeiten zahlreiche militärische Einrichtungen. Bislang hält sich die Polizei, die auch sogenannte Profiler einsetzt, zu derlei Annahmen bedeckt. „Wir ermitteln in viele Richtungen“, sagte ein Sprecher. Fest steht aber, dass der Täter extrem gezielt vorgeht, dafür GPS-Geräte in unwegsamem Gelände nutzt und aus Sicht der Ermittler über eine gute Schießausbildung verfügt.

Genau ein Jahr vor dieser Tat feuerte offenbar derselbe Mann vier Mal in Bad Saarow auf die Tochter des Immobilienunternehmers Christian Pepper, ein Wachmann warf sich dazwischen und wurde getroffen. Die groß angelegte Suche nach dem Schützen blieb damals ohne Erfolg. Dem Täter rechnet die Polizei auch den Angriff auf Peppers Ehefrau zu. Sie war im August 2011 von einem Maskierten vor der Villa in Bad Saarow niedergeschlagen worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach nutzte er beim Anschlag damals und bei der Entführung des Geschäftsmannes, als er am Freitagabend in dessen Haus einen Schuss abfeuerte, dieselbe Waffe. Absolute Gewissheit soll ein abschließendes Ergebnis der Untersuchung des Projektils durch das Bundeskriminalamt (BKA) bringen.

Die Einsatzkräfte waren bereits in der Gegend - allerdings verdeckt

Der Täter war am Freitagabend in das Haus des Investmentunternehmers im Storkower Ortsteil Hubertushöhe am Großen Storkower See mit der Waffe eingedrungen und hatte den 51-Jährigen von dessen Frau knebeln lassen. Mit einem Boot verschleppte der Entführer den Geschäftsmann auf eine Schilfinsel nahe dem Ort Wendisch Rietz, die nur versierte Kenner der Region wie Angler kennen. Der Kidnapper wollte ein Lösegeld in Millionenhöhe erpressen. Am Sonntagmorgen gelang dem Manager die Flucht.

Die Polizei verteidigt jetzt ihr Vorgehen, nachdem der Geschäftsmann Unterschlupf bei Anwohnern in Wendisch Rietz gefunden und diese einen Notruf abgesetzt hatten. Der war um 7 Uhr bei der Polizei eingegangen. Es dauerte 50 Minuten, bis ein Polizist das Haus betrat. „Das war keine Panne. Die Brisanz des Falls war sofort klar, alles lief richtig“, sagte ein Polizeisprecher. Tatsächlich waren bereits 300 Beamte in der Gegend im Einsatz. „Kurz nach dem Anruf waren unsere Kräfte am Haus, allerdings verdeckt“, sagte der Sprecher. „Denn der Entführer hatte angekündigt, den Mann zu töten. Wir mussten mit allem rechnen, auch dass er sein Opfer verfolgt.“

Aktuell ist die Polizei noch immer mit 200 Beamten im Einsatz. Einheiten einer Hundertschaft durchsuchten am Donnerstag die Gegend, die Wasserschutzpolizei patrouillierte auf dem See und sicherte das Wohnhaus der Familie ab. Ein mit Wärmebildkamera ausgestatteter Polizeihubschrauber flog die Gegend ab. Zeugen in Storkow, Wendisch Rietz und Dahmsdorf wurden weiter befragt, ob ihnen am und auf dem See in den vergangenen Monaten Personen aufgefallen sind. Denn der Entführer soll seinem Opfer erzählt haben, dass er das Wohnhaus des Geschäftsmanns bereits seit dem Frühjahr ausgekundschaftet hatte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false