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Berlin: Fahrgäste zeigten Fahrern den Weg

Das neue Liniennetz der BVG verwirrt auch die eigenen Mitarbeiter

Bei der BVG scheint es zwei Welten zu geben. Das neue Liniennetz habe sich am ersten Arbeitstag nach der Einführung bestens bewährt, heißt es offiziell. Intern sprechen Mitarbeiter dagegen von einem erheblichen Durcheinander. Fest steht, dass gestern nicht einmal das elektronische Anzeigesystem „Daisy“ in der U-Bahn auf das neue Netz reagierte.

Erhebliche Probleme gab es vor allem im Schülerverkehr, bestätigte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Viele Schüler seien von den Änderungen überrascht worden, weil sie sich nicht informiert hätten. Nach Angaben von Mitarbeitern waren Busse manchmal so voll, dass nicht alle Schüler mitfahren konnten. Zu zahlreichen Schulen fährt aber auch gar kein Bus mehr, oder die Schüler müssen auf der Fahrt jetzt mehrmals umsteigen, was die Reisezeit erheblich verlängern kann. Die BVG werde nun an Schulen weiteres Informationsmaterial verteilen, kündigte Reetz an.

Dass einige Fahrer ihren neuen Weg nicht gefunden hätten, wie es Mitarbeiter berichten, halte sie für ausgeschlossen, sagte Reetz. Der Leitstelle sei kein Fall bekannt geworden. Nach Angaben von Lesern haben Fahrgäste jedoch in mehreren Fällen bereits am Sonntag Fahrer auf den richtigen Weg gelotst – etwa durch den Ruf quer durch den Bus: „Jetzt rechts abbiegen“, was der Fahrer auf der Linie 172 dann auch prompt befolgte.

Voraussetzung war aber, dass die Fahrgäste selbst informiert waren. Denn Informationsmaterial ist weiter schwer zu bekommen. Atlanten mit den neuen Streckenverläufen würden den Mitarbeitern fast aus der Hand gerissen, so Reetz. Ähnlich sehe es beim Fahrplanbuch aus. Nach Tagesspiegel-Informationen sind aus Kostengründen nur verhältnismäßig geringe Auflagen gedruckt worden.

Viele Busse trafen verspätet an den Haltestellen ein, Fahrgäste mussten dann auch bei den neuen Metrolinien länger als die versprochenen fünf oder zehn Minuten auf den Bus warten. Während Reetz hier von üblichen Verspätungen sprach, erklärten Mitarbeiter, die Fahrpläne seien so knapp bemessen, dass sie kaum eingehalten werden könnten.

Nach Angaben von Arthur Frenzel vom Fahrgastverband IGEB warteten zahlreiche Fahrgäste auch an Haltestellen, die aufgegeben worden sind, vergeblich auf den Bus. Immerhin hat die BVG fast 100 Haltestellen aus dem Netz genommen. Oft fehlte auch gestern ein Hinweis dazu an Ort und Stelle – selbst an wichtigen Umsteigestationen wie am S- und U-Bahnhof Bundesplatz, wo die BVG den 348er Bus gestrichen hat. Dafür hängen in den meisten Wartehallen noch die alten Linienpläne; auch mit den Verbindungen, die es nicht mehr gibt.

Die Änderungen hatten sogar einen Mitarbeiter des BVG-Unternehmens Berlin Transport, der am U-Bahnhof Oskar-Helene-Heim hilflos zwischen den Haltestellen hin und her irrte, so durcheinander gebracht , dass er einen Passanten nach dem neuen Weg zur Arbeit fragen musste.

Eine erhebliche Verwirrung unter den Fahrgästen gab es auch bei der U-Bahn, obwohl sich dort nur wenig geändert hat. Im Bahnhof Nollendorfplatz hatten die dort eingesetzten BVG-Mitarbeiter jedenfalls viel zu tun. Dort endet seit Sonntag die aus Krumme Lanke kommende U-Bahn, die vorher bis zum Streckenendpunkt an der Warschauer Straße gefahren war. Am Nollendorfplatz zeigte die elektronische Hinweistafel „Daisy“ aber bei jedem Zug als Ziel die Warschauer Straße an. Fahrgäste, die über Band aufgefordert worden waren, den Zug zu verlassen, weil er dort ende, stiegen prompt wieder ein, als sie das Ziel Warschauer Straße bei „Daisy“ sahen. Von den Mitarbeitern mussten sie dann wieder aus dem Zug komplimentiert werden. Die Anlage sei defekt, sagte Reetz am Nachmittag.

Ein Hinweis auf den folgenden Zug, der wirklich zur Warschauer Straße fährt, erspart sich die BVG dagegen planmäßig.

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