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Notlösung. Früher mussten die Radler diesen Weg durch die Großbaustelle in der Stresemannstraße benutzen, jetzt dürfen sie es – zum Ärger der Fußgänger.

© Kai-Uwe Heinrich

Lenker und Felge: Wo Berlin ein Rad ab hat

Die Grünen wollen besonders gute und schlechte Fahrrad-Planungen würdigen. Unterdessen startet die Polizei ab Dienstag eine stadtweite Großkontrolle, um gezielt Radfahrer zu stoppen, die sich verkehrswidrig verhalten.

Der gute Preis muss noch angefertigt werden, der böse liegt schon im Depot: Beim Umweltfestival nach der traditionellen Fahrrad-Sternfahrt am 5. Juni wollen die Grünen den „Goldenen Lenker“ und die „Verbogene Felge“ verleihen. Damit sollen die Verantwortlichen für ein vorbildliches und für ein besonders verkorkstes Radverkehrsprojekt bedacht werden. Potenzielle Preisträger sind Stadträte oder Amtsleiter aus den Bezirken oder Verantwortliche beim Senat. Die von einem Unfall übrig gebliebene Felge liege schon bereit, sagte Grünen-Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling, als sie am Montag erste preisverdächtige Beispiele präsentierte.

Gleich mehrfach vertreten waren die Baustellenprovisorien rund um den von Radlern stark frequentierten Alexanderplatz: Schutthaufen und Warnbaken auf benutzungspflichtigen Radwegen, ein gelb markierter Baustellenradweg, der von einem unbeleuchteten grauen Zaun versperrt wird. Und als Krönung die Ampel vor dem Haus des Lehrers, die geradeaus fahrenden Autos und links abbiegenden Radlern gleichzeitig Grün gibt. „Das grenzt an Körperverletzung“, findet Hämmerling. Immerhin seien dieser Mangel und andere besonders gefährliche Fehler bereits behoben worden. Dennoch habe sie „bisher so gut wie keine Bildzuschriften für den Goldenen Lenker“ erhalten. Für den Negativ-Preis hätten frustrierte Radler nach einem früheren Aufruf dagegen schon mehr als 100 Bilder eingesandt. Hämmerling hofft auf weitere Zuschriften – und stellt den Einsendern der noch zu wählenden „Gewinner“-Beispiele Bio-Präsentkörbe in Aussicht.

Als stadtweite Hauptprobleme sieht Hämmerling fehlende Kontrollen von illegalen Fahrradspurparkern auf den Straßen sowie die noch immer geltende Benutzungspflicht für viele Bürgersteig- Radwege. Dabei dürften nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom November die blauen Schilder nur noch an Abschnitten stehen, an denen die Radler auf der Straße übermäßig gefährdet wären. Stattdessen ergeben sich vor allem in der City und in Einkaufsstraßen ständig Konflikte zwischen auf den Gehweg gezwungenen Radlern und den zahlreichen Fußgängern. Grüne und Umweltverbände fordern deshalb, den Straßenraum entsprechend der veränderten Verkehrsanteile neu aufzuteilen: Während der Autoverkehr seit Jahren zurückgeht, hat sich der Anteil des Radverkehrs in einigen Stadtteilen verdoppelt.

Nicht nur Hämmerling, sondern auch im Umweltverband BUND engagierte Radfahrer halten die Verkehrslenkung Berlin (VLB) für einen Anwärter auf die „verbogene Felge“: Während die Stadtentwicklungsverwaltung beim Senat fachgerecht plane, sei die zum selben Ressort gehörende VLB „ein schwarzes Loch“, wie Hämmerling sagt. Mehrere Radfahrer und ein Jurist streiten zurzeit mit der VLB um mehrere Radweg-Schilder. Erste Erfolge sind absehbar: Demnächst sollen um den Potsdamer Platz mehrere rechtswidrige Schilder demontiert werden.

Die Polizei startet an diesem Dienstag eine achttägige stadtweite Schwerpunktkontrolle. Dabei will sie gezielt illegale Radfahrer in Fußgängerbereichen sowie Geisterfahrer stoppen, die Radwege in der Gegenrichtung benutzen. Auch auf rechts abbiegende Auto- und Lkw-Fahrer will die Polizei achten. Der Radfahrerclub ADFC forderte die Polizei auf, sich um Letzteres besonders intensiv zu kümmern: Unaufmerksames Abbiegen sei mit knapp 20 Prozent die mit Abstand häufigste Ursache, wenn Radfahrer verunglücken, erklärte ADFC-Landeschefin Sarah Stark. „Es ist Zeit, die Polizeikontrollen der Unfallsituation anzupassen.“

Beispiele mit Foto an: claudia.haemmerling@gruene-fraktion-berlin.de

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