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Radfahrstreifen in Berlin.

© Kitty Kleist-Heinrich

Verkehr: Berlin wird langsam zur Fahrradstadt

In diesem Jahr stellt die Stadt drei Millionen Euro für den Neubau von Radfahrstreifen und Radwegen zur Verfügung. Nicht alle Planungen stoßen auf Zuspruch.

Jürgen Schmude fährt jeden Tag von seiner Wohnung am Olympiastadion bis zu seinem Büro nah am Hackeschen Markt. "Das ist gesund, klart meinen Kopf auf und schadet der Umwelt nicht. Außerdem werde ich in der S-Bahn nicht von Menschen belästigt, die morgens so gut wie alle schlechte Laune verbreiten oder furchtbare Musik auf ihrem iPod hören."

Jürgen Schmude ist geradezu Teil einer Bewegung, seit das Angebot für Fahrradfahrer sichtlich besser geworden ist: Neue Radwege, mitnutzbare Busspuren, Fahrradstraßen sowie Tempo 30-Zonen sind nur ein paar Stichworte.

Mittlerweile gibt es 1030 km Radwege und Radspuren in Berlin. In diesem Jahr stellt die Stadt drei Millionen Euro für den Neubau von Radstreifen und Radwegen auf Straßen zur Verfügung. Radfahrstreifen entstehen u.a. auf der Danziger Straße in Prenzlauer Berg, auf der Müllerstraße im Wedding und der Neuköllner Karl-Marx-Straße. Außerdem stehen zwei Millionen Euro für die Sanierung von Radwegen bereit. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: Insgesamt lässt die Stadt zehn Kilometer Radwege neu anlegen und bis zu 20 km Radfahrstreifen neu markieren.

Nicht alle Planungen stoßen auf Zuspruch. "Es ist erklärter Wille des Senates, den Fahrradverkehr von den Bürgersteigen auf die Straße zu verlagern, deswegen verstehe ich nicht, dass weiter Radwege auf Bürgersteigen eingerichtet werden", kritisiert der ehemalige Fahrradbeauftragte des Landes Berlin, Benno Koch. Und sein Nachfolger, Arvid Krenz, sagt: "Seit es die Radverkehrsstrategie gibt, sind pro Jahr durchschnittlich 20 Kilometer Radwege gebaut worden. Das finde ich für eine Stadt wie Berlin relativ wenig."

Auch in Hinsicht auf die Verkehrssicherheit gibt es viel zu tun: Zwischen 2004 und 2008 starben zehn Fahrradfahrer bei Abbiegeunfällen auf Bürgersteigradwegen. Deshalb, so die Forderung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs, müssen Radfahrer auf jeder Hauptstraße ihre eigene Spur erhalten. Diese Radwege auf der Fahrbahn minimieren gleich drei Unfallgefahren: Kollisionen beim Abbiegen, Fehler bei der Einfahrt in den Verkehr und zu dichtes Überholen.

Viel getan werden kann auch mit Blick auf die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmer. Ein Berliner Fahrradfahrer hat sich die Mühe gemacht, binnen eines Jahres auf seinem knapp 20 km langen Arbeitsweg die "Vorfälle" mit Autofahrern zu notieren. Er kam auf 70 Beleidigungen, 44 Drängeleien, 143maliges Anhupen, und eine tätliche Bedrohung. Am Miteinander von Auto und Radfahrern in Berlin muss wohl noch gearbeitet werden.

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