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Berlin: Fahrstil: vergeistigt

VON TAG ZU TAG Werner van Bebber erträgt eine Reihe von Erniedrigungen Demütigungen ohne Ende. Kranken-, Raucher-, Pleitehauptstadt – damit leben wir.

VON TAG ZU TAG

Werner van Bebber

erträgt eine Reihe von Erniedrigungen

Demütigungen ohne Ende. Kranken-, Raucher-, Pleitehauptstadt – damit leben wir. Die jüngste Negativ-Nachricht: In keinem Bundesland werden so viele Verfassungsklagen angestrengt wie in Berlin. Die Berliner Verfassungsrichter haben über fast doppelt so viele Fälle wie die Kollegen in Hessen zu entscheiden. Wahrscheinlich war es freundliche Ironie, die den obersten Berliner Verfassungsrichter von „großem Vertrauen der Berliner in die Arbeit des Gerichts“ sprechen ließ. Man könnte auch von großem Mißtrauen in Behörden, Institutionen und Mit-Berliner sprechen, das die Berliner aus jedem Unwohlsein eine Verfassungsklage machen läßt.

Immerhin: Wieder ein Rekord. Tags zuvor war eine Umfrage veröffentlicht worden. Sie besagt, dass Berliner bundesweit als die schlechtesten Autofahrer gelten. Das meinen nicht bloß Autofahrer aus dem Rest der Republik – auch die befragten Berliner urteilten überdurchschnittlich oft negativ über den eigenen Fahrstil. Schlimm ist, dass sich die Umfrage mit den Alltagserfahrungen deckt. Berliner dämmern an grünen Ampeln vor sich hin, wechseln ohne zu blinken im Schritttempo quer über drei Fahrspuren und unterschreiten gerne jedes Tempolimit, um später zu Hause anzukommen. Der Drang zum temperamentfreien Fahrstil kann nur einen Grund haben: Mit Geist und Gefühl ist der Berliner Autofahrer schon bei seiner nächsten Verfassungsklage.

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