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Berlin: Fall des Rabattgesetzes: Lauter artige Kunden

"Ruinieren sie uns". Mit dieser Botschaft, die an der Schaufensterfront zur Tauentzienstraße hin nicht zu übersehen ist, will das KaDeWe seine Kunden auf den anstehenden Sommerschlussverkauf einstimmen.

"Ruinieren sie uns". Mit dieser Botschaft, die an der Schaufensterfront zur Tauentzienstraße hin nicht zu übersehen ist, will das KaDeWe seine Kunden auf den anstehenden Sommerschlussverkauf einstimmen. Eigentlich würde der Werbetext aber auch ganz gut für die neuen Zeiten passen, die am Mittwoch angebrochen sind. Denn seit gestern gilt das alte Rabattgesetz nicht mehr. Es darf munter drauflos gefeilscht werden. Nur: Die Berliner nutzten die neue Chance bisher kaum.

Beim KaDeWe nützen die neuen, rosigen Aussichten allerdings wenig. Schon seit Tagen hatte der Karstadt-Konzern, zu dem das Warenhaus gehört, immer wieder öffentlich verkündet: Unsere Preise sind für alle gleich, individuelle Nachlässe gibt es keine, wir kalkulieren sowieso schon knapp. Und so konnte gestern Mittag eine Sprecherin beruhigt verkünden, "dass es ruhig ist". Keine Leute also, die minutenlang mit der Kassiererin um Rabatt feilschten. Und keine blockierten Kassen. Und keine Schlangen genervter Kunden.

Zum Thema Online-Umfrage: Werden Sie um jeden Preis feilschen? Das KaDeWe ist kein Einzelfall. Wo immer man sich umhörte, die Antwort war überall ähnlich - unabhängig von der Branche und auch unabhängig davon, ob nun preiswerte oder teure Sachen im Schaufenster lagen, beim Juwelier am Kurfürstendamm ebenso wie im Verbrauchermarkt an der Kantstraße, im Sportgeschäft an der Joachimstaler Straße ebenso wie im Reiseladen in Kreuzberg: Nein, die Berliner feilschen nicht. Zumindest für den ersten Tag ohne das alte Rabattgesetz könne man das ruhig so sagen.

Genützt hätte es ohnehin nur an den wenigsten Orten. Denn ebenso einhellig war die Antwort auf die Frage, ob man denn überhaupt mit einem Rabatt rechnen könne. Nein, lautete auch da der Grundtenor, der Konkurrenzkampf im Einzelhandel sei so hart, dass kaum etwas drin liege. Allerdings antworteten nicht alle mit der gleichen Absolutheit. Christoph Pröhl von Foto Pröhl an der Kantstraße zum Beispiel ließ durchblicken, dass er in gewissen Fällen durchaus zu verhandeln bereit ist, sofern der Kunde nicht die Kreditkarte zückt. "Denn dann zahle ich nicht nur Provision an die Kreditkartenfirma, sondern muss auch noch lange aufs Geld warten."

Auch Ronald Sedlatzek, Juwelier am Kurfürstendamm, signalisierte Verhandlungsbereitschaft, "sofern es die Marge zulässt". Sedlatzek betonte aber, dass sich eigentlich nicht viel ändere. Schon vorher habe er zum Teil Nachlässe gewähren müssen. Die Konkurrenz schläft ja nicht. Übrigens: Ganz wenige Kunden wollten es aller Zurückhaltung zum Trotz gestern doch genau wissen. So berichtete Sedlatzek von einem Mann, der nach Rabatt gefragt und lakonisch beigefügt habe: "Wir dürfen ja jetzt."

Stephan Künzi

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