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Justizbeamte bringen am 20.06.2016 Silvio S. in den Saal des Landgerichtes in Potsdam.

© Bernd Settnik/dpa

Fall Mohamed und Elias: Beweise gegen Silvio S. bilden Kabinett des Grauens

Im Prozess gegen Silvio S. werden die Beweismittel präsentiert. Polizisten schildern die Festnahme im Elternhaus des Angeklagten.

Noch immer schweigt der mutmaßliche Mörder von Elias und Mohamed. Am sechsten Verhandlungstag im Prozess gegen Silvio S. präsentierte die Schwurgerichtskammer Beweismittel, die Beamte kurz nach dessen Festnahme am 30. November in seinem Heimatdorf Kaltenborn gefunden habe. Es ist ein Kabinett des Grauens. Selbst der Vorsitzende Richter Theodor Horstkötter sagte, dass er derlei noch nie in seiner langen Karriere als Strafrichter gesehen habe.

Auf einem kleinen Wagen ist all das ausgelegt, was die Beamten im Auto von Silvio S. fanden. Die Wäschewanne, gefüllt mit Katzenstreu, in der S. die Leiche von Mohamed abgelegt und tagelang aufbewahrt hat. Dazu Fesselwerkzeuge, sowie Schlaftabletten, Chloroform und eine Kiste mit einer lebensechten Babypuppe.

Am Montag schilderten mehrere Beamte, wie der 33-Jährige festgenommen wurde. Nachdem das LKA die Kollegen in Brandenburg eingeschaltet hatte, eilten mehrere Streifenwagen in das Dorf Kaltenborn bei Jüterbog (Teltow-Fläming). Die Mutter hatte ihren Sohn auf einem Foto in der Zeitung erkannt, das von der Polizei zur Fahndung herausgegeben worden war. „Was machst du denn in der Zeitung?“, soll die Mutter gesagt haben. Silvio S. soll sich nicht verteidigt haben. „Ich hab’s gemacht. Ich hole noch Beweise“, soll er den Eltern gesagt haben. Silvio S. fuhr daraufhin in seinem Auto fort. Die Mutter rief bei der Polizei an.

Als S. nach seiner Rückkehr die Polizisten sah, seien seine Augen „tellergroß“ geworden. Beim Einzelgespräch in der Küche habe S. gesagt: „Es wäre vielleicht besser, einen Anwalt zu holen.“ Danach wurde S. abgetastet, die Polizisten suchten das Gespräch, fragten, wo Mohamed sei. „Wir hatten die Hoffnung, dass der Junge noch lebt, weil bislang nur von einer Entführung ausgegangen wurde“, berichtete ein anderer Beamter. Dann habe S. gesagt: „Schaut mal in den Kofferraum.“ Dort fanden die Polizisten den Leichnam des Vierjährigen. Als die Beamten S. durchsuchten, fanden sie auch das Tatwerkzeug, mit dem er Mohamed erdrosselt haben soll. Staatsanwaltschaft Peter Petersen hob es mit Gummihandschuhen empor: ein dünner schwarzer Gürtel mit Metallnieten.

Auffällig für die Beamten war das Verhalten des Vaters von S. Er habe erklärt, schon seit Monaten nicht mehr die Wohnung seines Sohnes in der gemeinsam genutzten Doppelhaushälfte betreten zu haben. „Unser Sohn lebt sein Leben, wir unseres“, sagte der Vater. Für einen jungen Beamten war es eine Situation, die er nicht mehr vergessen wird, wie der Vater offenbar ahnungslos in der Wohnung saß und lachend sagte: „So viel Polizei, wozu denn?“ Und: „Jetzt saut ihr mir mit den dreckigen Botten auch noch den Teppich ein.“

Später im Streifenwagen habe S. gesagt, dass Mohamed, „der kleine Mensch im Kofferraum“, gequengelt habe, dass es schnell ging und Mohamed sich nicht habe quälen müssen. Und dass er wünschte, es wäre ein Unfall gewesen.

An diesem Prozesstag sagte auch ein Kriminaltechniker aus, der dabei war, als die Leiche von Elias in der Gartenparzelle von S. in Luckenwalde gefunden wurde. Wichtigstes Detail dabei: In den Kinderschuhen des Jungen war noch Sand vom Spielplatz, von dem am 8. Juli 2015 der damals Sechsjährige im Potsdamer Stadtteil Schlaatz verschwunden war.

Silvio S. hat sich mehrfach extreme Pornofilme in einer Videothek in Jüterbog ausgeliehen, wie Inhaber Sven G. berichtete. „Das war auf jeden Fall aus der Sado-Maso-Ecke, das war sein Ding“, sagte G. Zuletzt war S. am 18. Oktober 2015 dort, also mehr als zwei Wochen nach der Entführung und Ermordung von Mohamed. Was sich S. dabei auslieh, seien die schlimmsten Filme gewesen, „die man sich legal ausleihen kann“. Damals lief im Laden der Fernseher mit den Fahndungsbildern aus der Überwachungskamera des Berliner Lageso vom 1. Oktober, darauf Mohamed an der Hand von S. Der Geschäftsmann erkannte ihn nicht. S. habe gesagt, „so was müsste man umbringen“. Dabei war er „nicht erschrocken, sondern ganz gefasst, als ob nichts war, als ob es ihn nichts anging“, schilderte der Ladeninhaber. Für Sven G. hat sich das Geschäft erledigt. „Damit komme ich nicht klar, dass der da vor mir stand. Ich mache dicht.“

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