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Fall Sürücü: Türkische Verbände begrüßen Sürücü-Urteil

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes gegen die Sürücü-Brüder erwarten türkische Organisationen vom Verfahren weitere Aufklärung.

Von Sabine Beikler

Nicht nur die Politik, auch türkische Organisationen begrüßen, dass der Mord an Hatun Sürücü neu verhandelt wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am Dienstag, wie berichtet, die Freisprüche der Brüder Mutlu und Alpaslan Sürücü aufgehoben. „Es muss jetzt intensiv geprüft werden, ob die Brüder mit dem Mord etwas zu tun haben“, sagte Tacittin Yatkin, Präsident der Türkischen Gemeinde zu Berlin. „Dieses Verbrechen muss mit härtesten Mitteln bestraft werden. So etwas darf nicht mehr passieren. “ In dem eher konservativ ausgerichteten Dachverband sind 49 Vereine mit 49 000 Mitgliedern organisiert.

Der liberal eingestellte Türkische Bund mit 7000 Mitgliedern hofft, dass „mögliche Zusammenhänge“ der Brüder mit dem Mord an Hatun wegen ihres westlichen Lebensstils überprüft werden. Safter Çinar, Sprecher des Türkischen Bundes, erinnerte an die heftige Kritik an den Freisprüchen nach dem Sürücü-Prozess, bei dem der jüngste Bruder Ayhan Sürücü zu einer Haftstrafe von fast zehn Jahren verurteilt wurde. „Ich will niemanden vorverurteilen. Aber jetzt kann das Gericht erneut und genauer Zusammenhänge überprüfen.“

Auch die Islamische Föderation, die für 4000 muslimische Grundschüler den Religionsunterricht erteilt, begrüßt das Urteil des BGH. „Das Urteil im Sürücü- Prozess hat viele Fragen aufgeworfen, die jetzt geklärt werden können“, sagte Burhan Kesici, Vizepräsident der Föderation. Der Religionsgemeinschaft gehören zwölf Moscheegemeinden an.

Für Andreas Becker vom Verein „Hatun und Can“, der sich nach dem Mord an Hatun Sürücü gegründet hat und Migrantinnen in Not hilft, ist das BGH-Urteil „richtungsweisend. Diese Taten sind keine Einzeltaten. Daran sind mehrere beteiligt“, sagte er. Solche Vermutungen sind von Vertretern der türkischen Organisationen offiziell nicht zu hören. Was sie aber auch bezweifeln, ist das Erscheinen der Sürücü-Brüder bei einer neuen Verhandlung. „Sollten sie nicht freiwillig kommen, müssen sie mit internationalem Haftbefehl gesucht werden“, sagte Tacittin Yatkin von der Türkischen Gemeinde. „Ich bin mir sicher, dass die Türkei Amtshilfe leisten wird.“

Die Sürücü-Brüder halten sich zurzeit in der Türkei auf. Mutlu Sürücü wolle freiwillig vor Gericht erscheinen, sagte sein Anwalt Heinz Möller. Rechtlich gesehen müsste die Türkei einem Auslieferungsersuchen deutscher Behörden zustimmen. Bei Alpaslan Sürücü, der laut seinem Anwalt Matthias Kock sein Erscheinen auch zugesichert hat, liegt eine andere rechtliche Situation zugrunde: Er ist Türke. „Türkische Staatsbürger werden normalerweise nicht ausgeliefert“, sagte eine Sprecherin der türkischen Botschaft. Allerdings könne er von türkischen Behörden befragt werden – und auch in der Türkei eine mögliche Strafe verbüßen. Sabine Beikler

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