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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Ist ein verweigertes Mitbringsel das Ende unserer Freundschaft?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Jahrelang hat mir meine Freundin aus ihren gelegentlichen Urlauben in den USA immer Dinge mitgebracht, die ich gut gebrauchen kann, Kosmetika, die dort billiger sind als hier zum Beispiel, oder bestimmte Süßigkeiten. Diesmal hat sie meine Wünsche rundweg abgelehnt, dabei bezahle ich die Dinge doch sogar. Soll ich ihre Weigerung als Ende unserer Freundschaft verstehen?

Vielleicht müssen Sie nur Ihr Konzept von Freundschaft neu überdenken. Auch wenn sich zwei Menschen sehr gut verstehen und einander nahe sind, ist es immer schädlich, wenn Freundschaftsdienste als Selbstverständlichkeit eingefordert werden. Schließlich ist es keine Kleinigkeit, die Ihre Freundin da offenbar wiederholt für Sie auf sich genommen hat. Nur damit Sie ein paar Euro sparen bei Ihren Kosmetika, geht sie für Sie einkaufen, packt die sicher nicht ganz leichten Fläschchen in ihren Koffer und muss sich bei eigenen Einkäufen vielleicht sogar einschränken. Immer weniger Fluggesellschaften tolerieren es, wenn Koffer oder Handgepäck auch nur geringes Übergewicht haben. Unter Umständen können Ihrer Freundin durch die Gefälligkeit, die sie Ihnen leistet, sogar erhebliche Kosten entstehen. Dass sie es also leid ist, wenn Sie selber routiniert den Bestellzettel abgeben, ist sehr gut nachvollziehbar.

Die Weigerung der Freundin, den Packesel zu spielen, bedeutet also nicht das Ende der Freundschaft, wenn Sie die richtigen Konsequenzen daraus ziehen. Statt zu schmollen und der Ersparnis nachzutrauern, sollten Sie sich fragen, ob Sie Anstrengungen, die andere für Sie unternehmen, ausreichend zu schätzen wissen. Manchmal ist das, was man selber als kleinen Gefallen betrachtet, für andere eine regelrechte Zumutung. Dass die Freundin schlicht Nein sagt, statt Ihre Wünsche zu erfüllen und dabei heimlich einen Groll aufzubauen, kommt Ihnen eigentlich entgegen. Das Gespür dafür, was ein Freund gerne tut und was er nur mit heimlichem Zähneknirschen vollbringt, kann man gar nicht sorgfältig genug pflegen. Verlangen Sie zu viel, sind Sie es, die das Ende der Freundschaft signalisiert.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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