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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Kann ich Sichtschutz vom Nachbarn verlangen?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

"Ich lebe in einer Eigentumswohnanlage, in der man sich gegenseitig in die Fenster schauen kann. Mir gegenüber sind neue Mieter eingezogen, die nicht, wie alle anderen, Jalousien haben, nicht mal vorm Bad. Mich stört der in meine Wohnung strahlende Computer. Sie müssten ihn nur in einem anderen Winkel aufstellen, haben auf einen entsprechenden Hinweis aber kühl reagiert."

Die Neuen machen alles anders, und das stört sie. Aber versetzen Sie sich doch bitte mal in ihre Lage. Die Nachbarn haben gerade eine neue Wohnung bezogen, auf die sie sich sicher gefreut haben. Und dann kommt eine andere Hausbewohnerin und will ihnen gleich Vorschriften machen, wie sie den Computer aufzustellen haben. Das ruft fast automatisch eine Trotzreaktion hervor. Niemand möchte sich gern in seine Einrichtung hineinreden lassen. Vielleicht sollten Sie einen anderen Ansatz wählen. Das Gefühl, dass die Nachbarn beobachten können, auf welchen Seiten man gerade herumsurft, ist doch ziemlich unangenehm.

Hätten Sie sich von Anfang an in die Interessen der Nachbarn hineinversetzt, dann hätten Sie vielleicht auf die gute Sichtbarkeit des Computers hingewiesen und halb im Scherz hinzufügen können, dass Sie selber sich bemühen, das Fernglas in der Schublade zu lassen. Das Gleiche gilt fürs Bad. Wenn Sie mit erhobenem Zeigefinger sagen, dass alle anderen Jalousien haben, dann wird sich die Lust der Neueigentümer auf Anpassung extrem in Grenzen halten. Erzählen Sie hingegen en passant, wie beneidenswert praktisch von außen der neue Duscheinstieg aussieht und was für eine interessante Lampe sie für das Bad gewählt haben, dann werden sie sich vermutlich blitzschnell für einen Sichtschutz entscheiden. Grundsätzlich sollte man versuchen, neue Nachbarn ein bisschen kennenzulernen, bevor man sich beschwert. Hat man erst mal ein gutes Klima geschaffen, lassen sich auch kleine Nervereien leichter aus der Welt schaffen.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin), oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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