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Das kostet. Aber die Hotelübernachtung ist dafür nicht unverschämt. F.: dpa

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Fallstricke des Alltags: Muss ich meiner Freundin das Hotel ersparen?

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Meine Freundin wohnt in Westdeutschland. Sie arbeitet in einer Führungsposition und kommt mehrmals im Jahr aus beruflichen Gründen für mehrere Tage nach Berlin. Sie will dann bei mir übernachten, sich abends aber auch mit anderen Freunden treffen. Ich besitze zwar ein Gästezimmer, möchte aber dort nur Freunde unterbringen, die mich ganz privat besuchen. Als ich das der Freundin sagte, die finanziell besser gestellt ist als ich, war sie tief enttäuscht und konnte das gar nicht verstehen.

Angela, gut besucht

Mir fällt es wiederum schwer, Ihre Freundin zu verstehen. Natürlich ist es vorbildlich, wenn eine Führungskraft bemüht ist, die Dienstreiseausgaben nicht in astronomische Höhen zu treiben. Aber eine Freundin ausbeuten, um Spesen zu sparen? Das ist schlechter Stil. Vielleicht geht es ihr auch gar nicht um die Kosten, sondern um das kuschelige Gefühl, irgendwo zu Hause zu sein, um die Umgehung der Hoteleinsamkeit. Aber wer beruflich reisen muss, sollte in der Lage sein, sich auf die damit verbundenen Ungemütlichkeiten einzustellen.

Mich regt es immer wieder auf, wenn Freundesdienste kleingeredet werden. Ja, Sie haben ein Gästezimmer. Aber das wartet doch sicher nicht immer mit frisch bezogenem Bett auf das Einreiten der Freundin. Es muss aufgeräumt und geputzt werden, Frühstück muss gekauft und zubereitet werden, vielleicht gerät Ihr eigener Tagesablauf durcheinander. Und alles nur, weil die Freundin Ihre Gastfreundschaft gnadenlos ausnutzt. Dabei ist Ihre eigene Haltung eigentlich ganz vernünftig. Als Besuch gilt, wer Sie selbst meint. Wenn man einem Menschen, der wenig Mittel zur Verfügung hat, die Chance gibt, umsonst zu nächtigen und dabei auch alte Freunde zu treffen und sonstige Termine wahrzunehmen, ist das eine gute Tat. Regelmäßig Hotelersatz zu spielen für jemanden, der sich ein Hotel gut leisten kann, ist ein unnötiges Opfer.

Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.
Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

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