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Tagesspiegel-Kolumnistin Dr. Elisabeth Binder.

© Tsp

Fallstricke des Alltags: Unterbrechen gilt nicht

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten oder peinlichen Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Immer wieder passiert es mir, dass ich in der Konzert- oder Theaterpause mit Freunden zusammenstehe, und dann kommen entfernte Bekannte vorbei und unterbrechen ohne jede Entschuldigung das Gespräch und drängen sich auf und in den Vordergrund. Manchmal wollen sie einen sogar nur um einen Gefallen bitten. Das finde ich unhöflich. Wie kann man sich dagegen wehren?

Wenn man in einem öffentlichen Raum zusammensteht, muss man mit Unterbrechungen rechnen. Grundsätzlich sollte man auch bereit sein, andere ins Gespräch einzubeziehen. Wenn man also merkt, dass da jemand neben dem Kreis steht, der gern dazu- kommen würde, dann sollte man eine Lücke schaffen und eine Gesprächspause abwarten, um den Bekannten zu begrüßen. Es ist auch immer freundlich, ihn in das gerade erörterte Thema kurz einzuführen. Die Erweiterung des Kreises kann auch eine Bereicherung sein.

Wenn Passanten einfach über jemanden herfallen, der gerade in ein Gespräch vertieft ist, zeigen sie tatsächlich extrem schlechtes Benehmen. Es ist zwar richtig, dass diese brachiale Variante des Small-Talk- Entering häufiger zu beobachten ist. Aber beliebter macht man sich damit nicht, und ich bezweifele auch, dass man weiter kommt mit solchen Umgangsformen. Der Überfallene schaltet ganz sicher erstmal auf Trotz, anstatt sich zu öffnen für ein besonderes Anliegen. Für die Erfüllung einer Bitte schafft man sich so also eine schlechte Ausgangsposition.

Ich würde sowieso denken, dass Bitten nicht in eine zufällige Runde gehören. Eher würde man doch einen Moment abwarten, damit man den Bekannten allein sprechen kann. Ist man einmal in eine Gesprächsrunde integriert worden, soll man sich auch nicht sofort zum Wortführer aufschwingen. Die Kunst des Zuhörens wird viel höher geschätzt als jene denken, die sich selber gern reden hören.

Fragen mit der Post bitte an Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin oder per Mail an:

meinefrage@tagesspiegel.de

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