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Berlin: Falsche Berechnungen, zuviel Geld gezahlt: Baugesellschaft gibt Senatsbehörde die Schuld

BERLIN .Auf eine "einvernehmliche Lösung" mit dem Senat hofft Baunternehmer Groth bei den Erschließungkosten für Karow-Nord.

BERLIN .Auf eine "einvernehmliche Lösung" mit dem Senat hofft Baunternehmer Groth bei den Erschließungkosten für Karow-Nord.Der Bauverwaltung warf warf er gestern vor, einen fehlerhaften Leistungskatalog angefertigt zu haben, der dann Grundlage eines überteuerten Pauschalangebots geworden sei.Man habe sich inzwischen mit dem Senat nahezu geeinigt und es gebe "heute keine Probleme in der Abrechnung".Von der Senatsbauverwaltug hieß es gestern lediglich, daß man nichts unter den Teppich kehren wolle, die Innenrevision sei eingeschaltet.Man erwarte auch, daß sich der Rechnungshof mit dem Fall beschäftige.

Groth sprach von einem "hochsensiblen Thema", das auf fehlerhafte Arbeiten der Senatsbauverwaltung zurückzuführen gesesen sei.Man habe Meinungsverschiedenheiten wegen der Erschließungkosten nahezu beigelegt, werde sich vermutlich im September endgültig einigen.Es ging dabei besonders um ein Leistungsverzeichnis für den dritten Bauabschnitt.Das Land hatte darin Arbeiten verlangt, die es gar nicht hätte zahlen müssen, beispielsweise Privatstraßen.Aus den zunächst vereinbarten pauschalen 21 Millionen Mark verlangten die Bauherrren dann nach einer Überprüfung 16 Millionen.Berlin habe dieses Angebot zunächst als zu hoch bewertet und stattdessen 12,8 Millionen Mark zahlen wollen, sagte Groth.

Dies wiederum habe die Bau-Arbeitsgemeinschaft - ihr gehören neben dem Unternehmen Groth & Graalfs auch die Gehag an - nicht akzeptieren wollen, da die Preisermittlung der Bauverwaltung "auf Grundlage einer völlig unzulängelichlichen Methode" vorgenommen worden sei.Man verständige sich wohl auf rund 16 Millionen Mark.

Groth betonte, es werde nun nur noch nach Abrechnung verfahren."Unser Kapital ist unser guter Ruf".Die Arbeitsgemeinschaft der Bauherren hätten im übrigen aufgrund des städtebaulichen Vertrags an Berlin bereits 52 Millionen Mark abgeführt, obwohl die Stadt noch keinerlei fällige Ansprüche habe.

Im politischen Raum sahen sich gestern einzig die Bündnisgrünen in der Lage, die Vorgänge um Groth und die städtebaulichen Verträge zu kommentieren.Als einen "hausgemachten Skandal" bezeichnete die baupolitische Sprecherin der Fraktion, Ida Schillen, die Situation.Grund seien die vom Senat für die seit der Wende abgeschlossenen Investorenverträge für 18 städtebauliche Großprojekte und fünf Entwicklungsgebiete, in denen öffentlich nicht kontrollierbare Kosten für Infrastruktur mit dem Grundstückspreis verrechnet werden."Karow gehört zu den größten Bauvorhaben dieser Art, dessen Nutznießer in erster Linie das Unternehmen des einflußreichen CDU-Mitglieds Klaus Groth ist", so Schillen.

Wie bei Karow werde auch beim erst vor kurzem von der Koalition beschlossenen Grundstücksgeschäft um das Klingelhöfer Dreieck in Tiergarten verfahren.Hier ist Groth als Investor wie auch als Generalunternehmer beim Bau der neuen CDU-Bundeszentrale aktiv.Als "Trick" bezeichnet Schillen das Verfahren, nach dem der Senat per Erschließungsvertrag vereinbart, daß Straßen, Kindertagesstätten, Schulen oder Grünanlagen vom privaten Investor in eigenem Namen und auf eigene Rechnung errichtet werden.Vorab werde der Infrastruktur- und Erschließungsaufwand pauschal großzügig bemessen und vom erwarteten Grundstückspreis abgezogen.Durch dieses spezielle Berliner Vertragsgeschäft seien die Investoren nicht mehr an das öffentliche Vergaberecht gebunden und der Senat verzichte auf jegliche Einflußnahme auf die Preisgestaltung.Somit werde im großen Stil das für öffentliche Bauten verbindliche Vergaberecht umgangen.Der Investor könne in die eigene Tasche wirtschaften.

Die Bündnisgrünen fordern die Einschaltung des Rechnungshofes und die Prüfung, in welcher Form ein Fehlverhalten seitens der Behörde vorliegt.Gegebenenfalls müßte auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden.Gegenüber dem Tagesspiegel hielt sich gestern Rechnungshof-Präsident Horst Grysczyk noch bedeckt, signalisierte aber deutliches Interesse.

5108 Wohnungen in Karow-Nord

Größtes Berliner Neubaugebiet

In Karow-Nord baut die Arbeitsgemeinschaft Arge Karow-Nord 5108 Wohnungen für rund 15 000 Menschen.Die Investoren stecken 2,5 Milliarden Mark in das Projekt.Laut städtebaulichem Vertrag geben die Bauherren 180 Millionen Mark für den Ausbau der Straßen, für Schulen, Kindertagesstätten und Sportplätze aus.Groth und Graalfs baut 2526 Mietwohnungen, davon 1064 im sozialen Wohnungsbau (1.Förderweg) und 1462 in der sogenannten vereinbarten Förderung (2.Förderweg).Das Baugrundstück umfaßt rund 100 Hektar.Seit November 1997 gibt es ein Einkaufszentrum.Im August 1995 ging eine Grundschule in Betrieb.

Ende 1997 gab es in Karow-Nord vier Kindertagesstätten, die Eröffnung weiterer drei war für 1998 geplant.Die Eröffnung einer Gesamtschule mit Bibliothek ist für den Beginn des Schuljahres 1998/99 vorgesehen.1998 sollen auch zwei Jugendfreizeiteinrichtungen mit Bolzplatz und Sportplatz ihre Pforten öffnen.Die Zuziehenden kommen nach Angaben des Bauherrn Groth und Graalfs zu 66 Prozent aus Weißensee und den Nachbarbezirken.2,5 Prozent kommen aus den übrigen Bezirken, fünf Prozent aus Brandenburg und nur 3,5 Prozent aus anderen Bundesländern.Hubertusdamm und Bucher Chaussee werden ausgebaut.Karow-Nord erhält durch Verlängerung der Karower Bahnhofstraße einen Anschluß an die Bundesstraße zwei.Geplant war zudem der Bau einer neuen S-Bahn-Station namens "Buch Süd".

Karow-Nord ist mit 5108 Wohnungen das größte städtische Vertragsgebiet in Berlin, das seit der Wende vom Senat initiiert wurde.Mit weitem Abstand folgen die Projekte in Buchholz (2888 Wohnungen), das sogenannte Trapez in Rudow-Süd (1709 Wohnungen), die Eisenacher Straße in Marzahn (1654 Wohnungen) sowie das Projekt Alt-Glienicke in Treptow (1518 Wohnungen).Insgesamt sind in den 18 Vertragsgebieten 18 134 Wohneinheiten weitgehend realisiert worden.AX/brun

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