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Berlin: Familiendrama: Mutter behält Sorgerecht vorerst

Es war eine Verzweiflungstat. Als die Mutter ihrer Familie das Gift verabreichte, sah sie keinen anderen Ausweg mehr.

Es war eine Verzweiflungstat. Als die Mutter ihrer Familie das Gift verabreichte, sah sie keinen anderen Ausweg mehr. Deshalb lautet der Vorwurf des Staatsanwaltes jetzt nicht Mord, sondern Totschlag. Auch, wenn die drei Kinder und ihr Ehemann den aufgelösten Tablettenmix völlig arglos tranken. "Der Frau fehlte bei der Tatausübung die feindliche Willensrichtung", sagt Justizsprecher Sascha Daue.

Wie berichtet, hatte die 38-jährige Frau aus Angst vor der drohenden Zwangsräumung ihrer ahnungslosen Familie am vergangenen Mittwoch einen Tablettenmix verabreicht. Als ihr Mann und ihre Töchter - 8, 12 und 14 Jahre alt - bewusstlos waren, schnitt die Mutter den Schlafenden die Pulsadern auf. Anschließend beichtete die Frau ihre Tateinem Verwandten, der die Polizei verständigte. Die Kinder überlebten, der 40-jährige Mann starb. Am Freitag kam die Wilmersdorferin in Untersuchungshaft, da es laut Daue "keine Anhaltspunkte" für eine psychische Erkrankung gibt.

Die Mädchen sind nach Angaben des Wilmersdorfer Jugendstadtrats Reinhard Naumann seit Freitag in einer "sehr kleinen und sehr behüteten Einrichtung" des Bezirks untergebracht. "Die Kinder müssen zur Ruhe kommen", sagt Jugendamtsleiterin Uta von Pirani. So bald wie möglich wolle man Kontakt zur Mutter knüpfen, um zu klären, ob die Kinder bei der Verwandschaft, bei Pflegeeltern oder einer Einrichtung des Bezirks unterkommen sollen. "Sie hat das Sorgerecht", sagt von Pirani. "Deshalb ist ihre Meinung von großen Gewicht." Aktivitäten, der Mutter das Sorgerecht zu entziehen, betreibe das Jugendamt nicht.

Dass die Kinder - wenn sie denn wollen - ihre Mutter besuchen, hält von Pirani nicht für ausgeschlossen. Schließlich sei langfristig auch eine Familienzusammenführung denkbar. "Da machte es keinen Sinn, den Kontakt zu unterbinden", sagt die Amtsleiterin. Jugendstadtrat Naumann bezeichnet den Fall als besonders tragisch, da die Frau nur vor einer vermeintlich ausweglosen Situation gestanden habe, als sich der Gerichtsvollzieher angekündigte. "Wir sind immer in der Lage, einer Familie in einer solchen Situation Lösungswege aufzuzeichnen."

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