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Berlin: Familiengerechte Wohnungen sollen den Wegzug stoppen Mit einer neuen Senatsstrategie soll

die Innenstadt für Paare mit Kindern attraktiver werden

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Von Sabine Beikler

und Ulrich Zawatka-Gerlach

270 000 Berliner sind seit der Wende in den Speckgürtel gezogen, die Hauptstadt zieht immer mehr Singles an. Familien kehren der Großstadt den Rücken und siedeln sich am Stadtrand oder im Umland an. Für Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) ist diese Veränderung im „Metropolenraum“ normal. „Der Berliner Boden ist für das Wohnen in Einfamilienhäusern zu wertvoll.“ Auch seinem Senatskollegen Klaus Böger, zuständig für Familienpolitik, bereiten die Wanderungsbewegungen wenig Kopfzerbrechen. Die Stadtflucht von Menschen mit Kindern sei kaum zu verhindern, selbst wenn mehr Einfamilienhäuser als bisher am Stadtrand gebaut würden. Das sei in München oder Hamburg nicht anders. Böger setzt deshalb auf die vielen jungen Leute, die als Singles nach Berlin kommen, das urbane Leben genießen – und dann Kinder bekommen.

Gerade auf bessere Angebote für junge Familien, die in der Stadt wohnen wollen, richtet sich Strieders Augenmerk. Er fordert wie Senatsbaudirektor Hans Stimmann Stadtplaner und Architekten auf, den Wohnungsbau auf diese neuen Bedürfnisse hin zu verändern. Strieder lehnt eine Subventionierung der Bodenpreise ab, um damit zu verhindern, dass bauwillige Familien ins billigere Umland ziehen. Er möchte stattdessen eine „neue Bodenpolitik“ aus der Taufe heben und Wohnungen nur für Familien freihalten.

Für Strieder ist auch weniger der Wegzug ein Problem, sondern die Verlagerung der Kaufkraft in die Peripherie. Statt wie kurz nach der Wende Shoppingmalls auf der Grünen Wiese vor den Toren Berlins zu errichten, fordert Strieder die Errichtung von Einkaufszentren im Innenstadtbereich.

Eine Wohnungsnot wie vor der Wende gebe es nicht mehr, sagt Senatsbaudirektor Stimmann, „jetzt machen wir uns Gedanken, wie man vor allem wohnen will.“ Das Bedürfnis von vielen Berlinern, „schöner zu wohnen, dazu in grüner Umgebung mit guter Verkehrsanbindung“, würden Planer am Beispiel der Wasserstadt Spandau gut umsetzen (siehe nebenstehender Artikel).

Für den Stadtplaner Hildebrand Machleidt reicht diese „Typologisierung von Wohnungen“ nicht aus. „Eine Stadt ohne Arbeit ist nicht lebensfähig.“ Erst dann könne man das „Wohnen in die Städte zurückbringen“. Machleidt ärgert sich über die hohen Quadratmeterpreise für die Innenstadt. Städtebau leide unter dem „Diktat der Finanzverwaltung“. Der Konsolidierungskurs der Stadt sei deutlich im Wohnungsbau zu spüren. Um dagegenzusteuern, fordert der Architekt eine staatliche Subventionierung von Preisen für Flächen, wie zum Beispiel im 1997 aufgelegten Stadtentwicklungsprogramm „Planwerk Innenstadt“.

In seinem Vertrauen auf die sich irgendwann zu Familien zusammenschließenden Singles fühlt sein Kollege Böger sich bestätigt durch die Entwicklung in Prenzlauer Berg. Dort seien Kinder „wieder in“. Mit Müttern und/oder Vätern, die im gehobenen Dienstleistungsbereich arbeiten, und die sich mitten in der Stadt wohl fühlen. Natürlich müsse das Kita- und Schulangebot stimmen. Die Wohnungen müssten bezahlbar, das Umfeld attraktiv und sicher sein. Christa Müller, in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion Expertin für Familienpolitik, hat zwei Kinder, kommt aus Pankow und kennt die Gegend, über die Parteifreund Böger spricht. Hat er Recht? Ja, er hat wohl Recht. Unter Eltern gelte Pankow als kinderfreundlicher Bezirk. „Junge Eltern fühlen sich dort wohl, gerade auch in Prenzlauer Berg“, sagt Christa Müller. Und zwar deshalb, weil sie nicht einsam im Garten sitzen wollten.

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