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Berlin: Fan-Gesänge in der Oper

Wie sich Berlins Künstler auf die Fußball-WM 2006 vorbereiten

Von Robert Ide

und Esther Kogelboom

Rolf Kühnelt war erst einmal in einem Fußballstadion. Doch der Berliner Museumspädagoge schwärmt bis heute von seinem Besuch bei Hertha BSC vor einigen Jahren. „Die Gesänge der Fans sind hohe Kunst“, sagt Kühnelt, der sich Kulturveranstaltungen für den Museumspädagogischen Dienst ausdenkt. Wenn die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland gastiert, will Kühnelt die Fan-Gesänge vom Stadion in die Konzerthäuser verlagern. „Wir werden Fußballhymnen für ein großes Berliner Orchester arrangieren und in der Staatsoper aufführen“, berichtet Kühnelt von seinem Projekt.

„Die Welt zu Gast bei Freunden“ – dieses Motto hat sich der österreichische Konzeptkünstler André Heller für das WM-Rahmenprogramm ausgedacht. Mit 30 Millionen Euro aus dem Erlös des Verkaufs von Sondermünzen wird das Programm mit Weltstars der Kultur finanziert. Wie gestern berichtet, wird unter anderem im Februar 2006 eine Fußball-Berlinale mit 500 Kurzfilmen über den Sport stattfinden. Zudem wird der Schweizer Kunst-Kurator Harald Szeemann eine Ausstellung zum „Fußball in der bildenden Kunst“ veranstalten, die Insider bereits als „Fußball-documenta“ bezeichnen. Nach Unterlagen aus der vom Bundestag eingerichteten WM-Kulturstiftung, die dem Tagesspiegel vorliegen, soll die mit zwei Millionen Euro geförderte Ausstellung im Martin-Gropius-Bau eröffnet werden.

Neben Großprojekten plant Berlins Kulturszene eine Reihe von Aktionen. Nach einer internen Aufstellung der Kulturverwaltung sollen etwa die Berliner Philharmoniker in den kommenden Jahren auf ihren Konzertreisen als Botschafter der WM-Stadt auftreten. „Wir gehen davon aus, dass etwas passieren wird“, sagt der Chef-Konzertplaner der Philharmoniker, Stephan Gehmacher. „Wir befinden uns mit dem WM-Organisationskomitee im Ideenaustausch, haben aber noch nichts Konkretes beschlossen.“

Der Senat will die Aktionen bis zum Juni dieses Jahres koordinieren und dann öffentlich vorstellen. „Viele Projekte sind noch nicht ausfinanziert“, berichtet Manfred Fischer, der Berlins Aktivitäten in der Kulturverwaltung bündelt. „Viele hoffen auf Gelder aus dem Hauptstadtkulturfonds oder aus Lottomitteln.“ Eine Hoffnung gibt es für die Macher immerhin: die Kulturstiftung des Bundes. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir für die WM zusätzliche Mittel bereitstellen“, sagt Friederike Tappe-Hornbostel, Sprecherin dieser Stiftung. Auch der Hauptstadtkulturfonds deutet Interesse an; Anträge sind allerdings noch nicht eingegangen.

Unterstützenswerte Projekte gäbe es genug. Neben Plänen des Literarischen Colloquiums, eine Autoren-Weltmeisterschaft auszurichten, plant die Neue Gesellschaft für Literatur öffentliche Lesungen zum Fußball. Der Landesmusikrat wird ein Festival der Weltmusik veranstalten. „Wir wollen junge Orchester, Chöre und Bands aus der ganzen Welt nach Berlin holen, vor allem aus Osteuropa“, sagt Christian Höppner, der Präsident des Landesmusikrats. Mit der Organisation hat Höppner schon begonnen, die Finanzierung ist noch nicht gesichert.

Höhepunkt soll die WM-Eröffnungsfeier am 8. Juni 2006 sein, an der derzeit das Bundesinnenministerium arbeitet. Neben dem britischen Avantgarde-Musiker Brian Eno, der die Musik für das Fest zusammenstellen soll, versucht André Heller, weitere Stars zu gewinnen. Nach dem Willen der Berliner sollen aber nicht nur die Profis der Branche aufspielen. „Wir wünschen uns einen Auftritt des Berliner Jugendjazzorchesters“, sagt Landesmusikrat-Chef Höppner. Wo die Feier stattfinden wird, steht noch nicht fest. „Wir wollen ein Kulturfest mit einer Million Menschen vor dem Brandenburger Tor“, sagt Senatssprecher Michael Donnermeyer. Die Erwartungen an das Programm sind jetzt schon hoch. Kulturstaatsministerin Christina Weiss sagt: „Der Auftakt in Berlin sollte Neugier wecken – auf die Fußballspiele und auf den kulturellen Reichtum Deutschlands.“

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