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Krawalle

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Fan-Krawalle: Rote Karte für alle - Polizei beendet Fußballspiel

Erst kam es zu einer Prügelei, dann zog einer der Kontrahenten ein Brotmesser. Erneut mussten Ordnungskräfte bei einer Begegnung der 9. Liga eingreifen.

Entweder randalieren Hooligans – oder die Spieler. Am Sonntag wurde in der 9. Berliner Fußball-Liga eine Begegnung abgebrochen, weil die Spieler nicht mehr den Ball traten, sondern den Gegner. Nachdem Resik J. gefoult worden war, schlug dieser seinen Gegenspieler heftig, es entzündete sich eine Massenschlägerei. Als diese geschlichtet war, hatte der 24-jährige Ak K. von „Roland Borsigwalde“ plötzlich ein Brotmesser in der Hand und bedrohte die Gegner. Nun eskalierte die Situation endgültig. Der Platzwart alarmierte die Polizei, die von allen Beteiligten die Personalien aufnahm. Das Brotmesser hatte sich K. nach Angaben des Vereins zuvor aus dem Imbisswagen gestohlen. Der anfänglich gefoulte Resik J. wurde derweil von Spielern des Neuköllner Vereins „BSV Hürtürkel“ zu Boden geschlagen, getreten und mit der Eckfahne verprügelt. Er musste im Krankenhaus behandelt werden. Alle Beteiligten waren nach Polizeiangaben türkischer und arabischer Herkunft. „Die hatten Mordlust in den Augen“, sagte die Reinickendorfer Vereinsvizepräsidentin Brigitte Ebel. „Ich hatte Angst.“ Resik J. und Ak K. wurden aus dem Verein ausgeschlossen.

Entsetzt über die Gewalt zeigte sich gestern der Verband. „In dieser Saison ist es das erste schlimme gravierende Ding“, sagte der Vizepräsident des Berliner Fußballverbandes, Gerd Liesegang. Beide Vereine haben jetzt bis Freitag Zeit zu einer Stellungnahme, in der kommenden Woche will der Verband das Strafmaß verkünden. Nach Liesegangs Angaben ist die Zahl der Spielabbrüche in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, dies sei ein gutes Zeichen.

Für die Polizei war der Einsatz in Borsigwalde Alltag: Gerade in den untersten Ligen geraten immer wieder Spieler, Zuschauer und Schiedsrichter körperlich aneinander. In der dritten und vierten Liga dagegen sind es randalierende Hooligans, die den Ordnungskräften viel Arbeit bereiten. In diesem Jahr musste die Polizei wiederholt mehr als 1000 Beamte aufbieten, um Fanblöcke zu trennen – zumeist waren es Begegnungen der Ost-Berliner Vereine Union und BFC Dynamo. Nachdem im vergangenen April 1350 Polizisten das Spiel Union gegen Dresden sichern mussten, war Polizeipräsident Dieter Glietsch der Kragen geplatzt. „Es ist dem Steuerzahler auf Dauer nicht zuzumuten, dass Fußballspiele dieser Art mit derart hohem Aufwand polizeilich begleitet werden müssen“, kritisierte er. Vor dem Stadion hatte die Polizei Wasserwerfer und Räumpanzer aufgefahren. In der letzten Fußballsaison wurden 246 Spiele von der Polizei gesichert, dabei waren 16 000 Polizisten im Einsatz.

Doch die immer wieder erhobene Forderung, die Vereine an den Kosten zu Beteiligen, ist unrealistisch. Auch die Berliner Innenverwaltung – der sowohl der Sport als auch die Polizei untersteht – sieht keine rechtliche Handhabe. Strafverfolgung und Gefahrenabwehr seien staatliche Aufgaben, hieß es. In Sachsen-Anhalt hatte der dortige Innenminister nach den Hooligankrawallen im vergangenen Jahr angekündigt, eine Kostenbeteiligung zu prüfen – auch auf die Gefahr hin, dass die Vereine dadurch pleite gehen. In Berlin setzt die Polizei seit einiger Zeit die Vereine in den so genannten Sicherheitsgesprächen vor Risikospielen deutlich stärker unter Druck als früher. Tenor dieser von hochrangigen Beamten geführten Gespräche: Entweder die Vereine beruhigen ihre Krawallfans – oder das Spiel wird abgesagt.

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