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Massenkuscheln. 350.000 Fans haben am Sonntag auf der Fanmeile gefeiert.

© Jürgen Engler

Fanmeile: Bloß keine Panik

Wenn 350.000 Menschen Fußball gucken, so wie am Sonntagnachmittag, kann es auf der Fanmeile gefährlich werden. Was passiert, wenn eine Panik ausbricht? Die Veranstalter wollen jetzt die Sicherheit verbessern.

Nur selten entließ die schwarz-rot-goldenene Masse einzelne Fans, die zu Toiletten und Bierständen wollten. Zu beschwerlich der Weg über die Fanmeile im Tiergarten, zu groß die Gefahr, beim Durchdrängeln ein Tor der Deutschen gegen England zu verpassen. Die Fans standen am Sonntagnachmittag so eng nebeneinander, dass manch einer unfreiwillig wusste, ob der Nebenmann ein paar Kilo zu viel auf den Rippen hatte. Einige verließen die Menge gar mit Platzangst.

So voll war es in diesem Sommer auf der Fanmeile auf der Straße des 17. Juni noch nie: 350 000 Fußballfans drängelten sich nach Veranstalterangaben vor den Leinwänden zwischen Siegessäule und Yitzhak-Rabin-Straße und bejubelten den Sieg der deutschen Elf. Trotz aller Freude kam die Frage auf, was inmitten solch eines Menschenauflaufs bei einer Panik passieren würde. Zwar grenzt der Tiergarten an die Fanmeile – und damit an einen riesigen Fluchtbereich, doch die Straße und den rettenden Park trennt stellenweise sogar eine doppelte Umzäunung, die von 21 Durchgängen zwischen zwei und sechs Metern Breite durchbrochen wird. Nun sollen noch fünf weitere hinzukommen, damit Fans besser hinein- und hinauskönnen.

Die zusätzlichen Durchgänge sollen bis zum nächsten Deutschlandspiel am Samstag fertig sein, sagt Veranstalter Rainer Wohltat. „Auch bei anderen Sicherheitsvorkehrungen wird nachjustiert.“ Gestern hatten die Verantwortlichen der Fanmeile, darunter Polizei, Feuerwehr und Senatsvertreter über mögliche Verbesserungen beraten. Ein echtes Risiko sehen die Veranstalter dennoch nicht. Die Zäune könnten mit wenig Kraftaufwand geöffnet oder einfach umgekippt werden, versichert Jürgen Götte vom Grünflächenamt Mitte. Teile der Umzäunung wurden bereits nach der Fanmeile zur WM 2006 errichtet, um die dahinter liegende Hecke und den Tiergarten vor Vandalismus zu schützen.

Die meisten Fußballfans lassen sich von dem Hindernis allerdings nicht stören: Auch am Sonntag kletterten sie darüber, um im Tiergarten zu pinkeln. Und traten etliche Hecken nieder. „Nach zwei Spielen haben wir schon 200 fehlende Sträucher“, sagte Götte, „das ist ein teurer Verlust.“ Nach der Fanmeile 2006 musste der Tiergarten für 400 000 Euro wieder hergerichtet werden.

Wie viele Fans maximal auf die Meile dürfen, ist nicht ausdrücklich geregelt. Jeden Tag werde situationsbedingt neu entschieden, wie lange man die sieben kontrollierten Eingangstore rund um den Tiergarten offen lasse oder schließe. Jedoch sei am Sonntag mit 350 000 nahezu das Maximum erreicht worden, sagt Veranstalter Wohltat. Experten gehen davon aus, dass durch Fluktuation nicht immer alle Fans zugleich auf der Meile sind. Dass am Mittwoch beim Spiel Deutschland gegen Ghana die Eingänge schon bei 200 000 Gästen dicht gemacht worden waren, habe an dem großen Ansturm in kürzester Zeit gelegen. „Die Fans kamen alle nach der Arbeit und haben massiv gegen die Eingänge gedrückt.“ Der Senat lehnt weiter Vorschläge ab, die Fanmeile bis zum Brandenburger Tor zu verlängern. Senatssprecher Meng: „Das ist kaum realisierbar.“

Das ganze Gelände wird mit Kameras überwacht, um allzu große Enge, aber auch mögliche Gewalttätigkeiten rechtzeitig zu erkennen. Für die Polizei verlief das letzte Fußballfest aber relativ „friedlich“. In ganz Berlin wurden 75 Personen unter anderem wegen Sachbeschädigung festgenommen. 23 Fans aus Cottbus mussten die Spielzeit in Gewahrsam verbringen, weil sie in Mitte Rauchbomben gezündet hatten. Christoph Spangenberg

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