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Fanprojekt: Lernzentrum bei Hertha BSC: Büffeln und bolzen

Ein Fanprojekt der Berliner Sportjugend und Hertha will benachteiligten Jugendlichen Bildungsangebote näherbringen - vermittelt über die Begeisterung für den Fußball.

Auf den ersten Blick haben Schule und Fußball nicht allzu viel gemeinsam. Das eine wird von den meisten Jugendlichen nicht gerade begeistert betrieben – für das andere finden sich schon viel eher Fans. Insbesondere, wenn es nicht nur darum geht, auf dem Bolzplatz zu kicken, sondern darum, die Profis von Hertha BSC beim Training zu beobachten und von Vereinsmitgliedern durchs Olympiastadion geführt zu werden.

Die Faszination des Fußballs macht sich nun ein Projekt zu eigen, das von der Robert-Bosch-Stiftung, dem Fanprojekt der Berliner Sportjugend und Hertha ins Leben gerufen wurde: das Lernzentrum bei Hertha. Hier sollen benachteiligten Jugendlichen der Klassen 7 bis 10 Bildungsangebote nähergebracht werden – vermittelt über ihre Begeisterung für den Fußball. „Wir möchten Jugendliche erreichen, die sonst oft desinteressiert in der Schule sitzen oder gar nicht mehr hingehen“, sagt Frank Albers von der Robert-Bosch-Stiftung. „Sie sollen lernen, dass es auch für sie Möglichkeiten gibt, an der Gesellschaft teilzuhaben.“

Die erste Klasse, die das neue Lernzentrum ausprobiert, ist die 9b der Heinrich-Hertz-Hauptschule aus Siemensstadt. Rainer Päzold, Lehrer der Integrationsklasse, in die auch lernbehinderte Schüler gehen, trägt einen blauen Hertha-Schal um den Hals. Seine Schüler sind gerne zum Vereinsgelände am Olympiastadion gekommen. „Ist doch spannend“, sagt die 16-jährige Natascha. „Man kommt mal raus aus dem Trott. Und andere Schüler beneiden uns darum, dass wir hier sind.“

Drei Tage sollen die Jugendlichen nun bei Hertha statt in ihrer Schule lernen. Mit dabei sind Pädagogen und Sozialarbeiter vom Fanprojekt und Vereinsmitarbeiter von Hertha wie etwa die Jugendkoordinatorin. „Das Programm wird für die Schulen individuell zusammengestellt“, sagt Birger Schmidt vom Fanprojekt. An diesem Dienstag gibt es zuerst eine Führung über das weitläufige Gelände. Dabei geht es nicht nur um den Fußball, sondern auch um die Frühgeschichte des Geländes und des Stadions, einschließlich der Olympischen Spiele von 1936. Am Nachmittag geht es dann um das Verhältnis von Sport und Politik.

In den nächsten Tagen steht ein Mannschaftstraining der Profis auf dem Programm, außerdem gibt es Gespräche mit Mitarbeitern und Trainern. Auch hier bildet der Fußball den Hintergrund, vor dem andere Informationen vermittelt werden: Um die verschiedenen Berufsprofile geht es und um gesunde Ernährung. Mögliche Themen, die mit dem Sport verknüpft und hier bearbeitet werden können, sind außerdem Gewaltprävention und Anti-Aggressionstraining, Rassismus, kontrollierter Alkoholkonsum oder der Umgang mit Medien.

Das Berliner Lernzentrum ist nicht das einzige seiner Art: Die Idee, Fußball mit außerschulischer Bildung zu verbinden, stammt aus Großbritannien. Hier wurden seit den neunziger Jahren mehr als 70 Lernzentren eingerichtet, in denen Vereine und Schulen kooperieren. Bei Borussia Dortmund, sagt Frank Albers von der Bosch-Stiftung, habe er dann in Deutschland zum ersten Mal von einem ähnlichen Zentrum gehört und die Idee aufgegriffen. Mittlerweile gibt es Zentren etwa in Bochum, Bremen und Dresden, die größtenteils durch die Robert-Bosch-Stiftung finanziert werden. Die Münchner Universität betreut die Angebote wissenschaftlich.

In Berlin ist vorerst geplant, monatlich einer Klasse ein Programm zu bieten. „Wir möchten das ausbauen“, sagt Albers. „Von dem Ort hier geht eine gewisse Aura aus. Die wollen wir nutzen.“

Ansprechpartner unter:

www.fanprojekt-berlin.de

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